Ausgabe 1 >2019

1 2019 Esslinger Gesundheitsmagazin 11 Es gab vor allem aus dem Bereich der Altenpflege die Befürchtung, dass sich mit der generalistischen Ausbildung weniger Schülerinnen und Schüler nach dem Abschluss für die Arbeit in einem Pflege- heim entscheiden. Herr Naujoks, teilen Sie diese Befürchtungen? Thilos Naujoks: Das glaube ich nicht. Der- zeit ist es ja sogar so, dass wir bundesweit eher mehr Altenpflegeschüler haben als Gesundheits- und Krankenpflegeschüler. 2015 beispielsweise – neuere Zahlen gibt es leider noch nicht – gab es rund 66.000 Schülerinnen und Schüler in der Altenpflege und rund 64.000 Gesundheits- und Kran- kenpflegeschülerinnen und -schüler. Hinzu kamen 7.000 Schülerinnen und Schüler an Gesundheits- und Kinderkrankenpflege- schulen. Mit der generalistischen Ausbildung haben die Schülerinnen und Schüler durch die größere Zahl an Praxiseinsätzen mehr Gelegenheit, Erfahrungen in den verschie- denen Bereichen zu sammeln. Danach kön- nen sie entscheiden, ob sie in der Langzeit- pflege in einem Altenpflegeheim, in einem ambulanten Pflegedienst oder in der stärker medizinisch-technisch geprägten Pflege eines Krankenhauses arbeiten möchten. Bernd Sieber: In erster Linie ist es wichtig, künftig auch mit der generalistischen Aus- bildung eher mehr Ausbildungsplätze anzu- bieten und mehr junge Menschen von der Attraktivität, den beruflichen Möglichkei- ten und Karrierechancen des Pflegeberufes zu überzeugen. Denn gute Ausbildungsan- gebote sind eine erfolgversprechende Mög- lichkeit, dem allgemeinen Fachkräfteman- gel in der Pflege entgegenzuwirken. Dabei ist es künftig egal, ob die Schülerinnen und Schüler ihre praktische Ausbildung in einem unserer Städtischen Pflegeheime oder im Klinikum Esslingen beginnen. Zudem wer- den wir an der Pflegeschule des Klinikums schon wegen unserer großen Kinderklinik auch weiterhin die Spezialisierung zur Kin- derkrankenpflege anbieten. Ist unterschiedliche Bezahlung in Alten- pflegeeinrichtungen und im Krankenhaus noch ein Problem? Thilo Naujoks: Als städtische Einrichtungen und im Öffentlichen Dienst zahlen wir nach Tarif und der macht keinen Unterschied zwischen einer Pflegefachkraft mit dreijäh- riger Ausbildung im Pflegeheim oder im Klinikum. Unterschiede gibt es, wenn Pfle- gekräfte sich mit einer Zusatzqualifikation weitergebildet haben. Auch da bieten sich für die Pflegekräfte in den Städtischen Pfle- geheimen zum Beispiel mit der Ausbildung zur Palliativpflegekraft, als Wundmanage- rin oder Praxisanleiterin eine ganz Reihe von Möglichkeiten. Übrigens: Auch bei der Ausbildungsvergütung sind wir durchaus konkurrenzfähig. Pflegeschülerinnen und -schüler erhalten im ersten Ausbildungsjahr 1.140 Euro und im dritten schließlich gut 1.300 Euro. Das ist deutlich mehr als in vie- len anderen Berufsausbildungen. Bernd Sieber: Auch die Entwicklungsmög- lichkeiten in der Pflege kann man immer wieder nur betonen: Für den Pflegedienst gibt es inzwischen ein breites Angebot zur fachlichen Weiterqualifikation, das der Spezialisierung in der Medizin folgt. Inten- siv-, Anästhesie- und OP-Pflegekräfte zäh- len dazu oder die Fachweiterbildungen Onkologie, Hygiene oder Schmerzmanage- ment. Zudem können sich die Pflegekräfte zu Station- oder Abteilungsleitung weiter- qualifizieren. Zusammen mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stutt- gart bieten wir zudem ein integriertes Stu- dium der Angewandten Gesundheits- und Pflegewissenschaften an. Auch das neue Pflegeberufegesetz hat es sich zum Ziel gesetzt, die Akademisierung in der Pflege voranzutreiben. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Die Pflege ist heute ein Berufsbild mit guten Perspektiven und wir bieten dazu hier in Esslingen eine ausge- zeichnete Ausbildung und auch attraktive Arbeitsplätze in allen Pflegebereichen. Der Fachkräftemangel ist ja inzwischen ein generelles Problem. Inwieweit kann die Stadt Rahmenbedingungen für die Fach- kräftegewinnung schaffen? Dr. Zieger: Ja, in der Tat sehen wir uns auch in anderen Bereichen mit dem Fachkräfte- mangel konfrontiert. Aktuell haben wir bei- spielsweise rund 60 offene Stellen in unse- ren Kindertagesstätten, bei insgesamt etwa 500 Stellen für Erzieherinnen und Erzieher. Für weitere sieben bis acht neue Kita-Grup- pen suchen wir zusätzlich Personal. Bei der Erzieherausbildung arbeiten wir deshalb mit der Volkshochschule zusammen und bieten so zusätzliche Ausbildungsplätze an. Aber auch bei Ingenieuren und IT-Fachleuten haben wir Bedarf. Unsere städtischen Ein- richtungen konkurrieren mit allen anderen Arbeitgebern, die ebenfalls Fachkräfte suchen. Als großer kommunaler Arbeitgeber können wir mit sicheren Arbeitsplätzen und vielen Sozialleistungen punkten. Und die Stadt Esslingen ist ja selbst auch attraktiv und bietet ein hohes Maß an Lebensquali- tät. Natürlich unterstützen wir neue Mit- arbeiterinnen und Mitarbeit auch bei der Wohnungssuche. Damit sich Menschen mit geringerem Einkommen das Leben in unse- rer Stadt leisten können, werden wir zudem in den nächsten Jahren verstärkt auch in den sozialen Wohnungsbau investieren. Das Gespräch führte Michael Sommer von links: Bernd Sieber, Geschäftsführer des Klinikums Esslingen, Dr. Jürgen Zieger, Oberbürgermeister der Stadt Esslingen a. N. und Thilo Naujoks, Geschäftsführer der Städtischen Pflegeheime

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