Ausgabe 1 >2019

16 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 2019 Die Station M10G im Klinikum Esslingen ist eine ganz besondere Station. Hier werden Patienten meist über viele Woche behan- delt, bei denen eine Blutkrebserkrankung, also eine Leukämie oder Lymphknotenkrebs, medizinisch ein Lymphom, diagnostiziert wurden. Oft erhalten die Patienten dann eine Chemotherapie in vier bis fünf Blöcken. Für die Patienten ist das eine anstrengende Zeit, denn die aggressiven Medikamente können zwar die überall im Körper verteil- ten Krebszellen erfolgreich bekämpfen, sie haben aber oft auch teils schwere Neben- wirkungen. Zudem ist das Immunsystem der Patienten während der Behandlung geschwächt. Sie müssen deshalb mit allen Mitteln vor Infektionen geschützt werden. Viele besonders gefährdete Patienten sind deshalb auf der M10G in Einzelzimmern untergebracht und werden von speziell geschultem ärztlichen und pflegerischen Personal betreut. „Die Behandlung ist sehr komplex und erfordert deshalb hohe Exper- tise und viel Erfahrung“, erläutert Privat- dozent Dr. Swen Weßendorf. Der Hämato- loge und leitende Oberarzt ist für das Hämato-Onkologische Zentrum (HZE) der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onko- logie/Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologie im Klinikum Esslingen zustän- dig. Neben den spezialisierten Fachärzten arbeiten auf der Station M10G onkologi- sche Fachpflegekräfte, die viel Verantwor- tung übernehmen und beispielsweise auch die Chemotherapien verabreichen. „Mit ihrer Erfahrung in der Krankheitsbeobach- tung sind sie in der Lage, Nebenwirkungen zu erkennen, so dass frühzeitig gegenge- steuert werden kann.“ Leukämiezellen behindern Blutbildung Die meisten Patienten, die hier behandelt werden, leiden an einer akuten myeloischen Leukämie (AML), der häufigsten Leukämie- art bei Erwachsenen. Einen Altershöhe- punkt hat die Erkrankung, die unbehandelt innerhalb weniger Wochen zum Tod führen kann, bei Patienten im Alter von etwa 60– 80 Jahren. Die akute lymphatische Leukä- mie (ALL) dagegen ist bei Erwachsenen sel- tener, aber die häufigste Leukämieart bei Kindern. Von den akuten Leukämien werden die chronischen Leukämien unterschieden, die bei Kindern äußerst selten und vor allem bei älteren Erwachsenen auftreten. Die chronischen Leukämien beginnen schlei- chend und werden oft eher zufällig erkannt. Sogenannte Leukämiezellen behindern bei einer Leukämie die Blutbildung. Vor allem die Zahl der Sauerstoff transportierenden roten Blutkörperchen vermindert sich dadurch. Zudem können Organe, wie Leber und Milz, angegriffen werden. Vor allem die akute Leukämie kann ohne Vorwarnung sehr plötzlich bei gesunden Menschen auf- treten. Erste Symptome können unter ande- rem sein: Blässe, körperliche Schwäche, Blutungsneigung mit spontanen blauen Flecken. Infektionen mit Fieber sowie geschwollene Lymphknoten kommen oft hinzu sowie Milz- und Lebervergrößerung. Bei der zweiten bösartigen Systemerkran- kung, den malignen Lymphomen, werden das Hodgkin-Lymphom von den Non-Hodg- kin-Lymphome unterschieden. Das Hodg- kin-Lyphom ist durch das Vorkommen einer besondere Zellart, den Reed-Sternberg- Zellen, definiert. Die Patienten leiden unter stark geschwollenen Lymphknoten, über die sich die Krebserkrankung im Körper aus- breiten kann. Zielgerichtete Therapien Bei beiden Erkrankungsgruppen, den Leu- kämien wie den Lymphomen, wird die klas- sische Chemotherapie heute durch neue zielgerichtete Therapien ergänzt oder sogar verdrängt. Dabei wird versucht, durch die innovativen Strukturen des Cancer Centers Esslingen – CCE den Patienten jeweils die besten und neuesten Therapieverfahren anzubieten. „Für die Behandlung von Pati- enten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) sind wir Teil einer weltweit renom- mierten Studiengruppe, der AMLSG, die ihre Zentrale am Universitätsklinikum Ulm unter Leitung von Professor Dr. Döhner hat“, berichtet Dr. Weßendorf. „Dadurch können wir fast alle Patienten in kontrollierten Stu- dien mit den neuesten modernen Medika- menten behandeln.“ Bei der zielgerichteten Behandlung der Leu- kämien werden die Hämatoonkologen heute entscheidend auch durch die Fort- schritte bei der Untersuchung der indivi- Die Wahrheit liegt im Genom Im Gegensatz zu einem bösartigen Tumor ist bei Blut- krebs oder bei Lymphknotenkrebs der gesamte Körper betroffen. Bei der Behandlung stehen den Hämato- onkologen, den Spezialisten dieser Krebserkrankungen, eine ganze Reihe wirkungsvoller neuer Therapien zur Verfügung – mit immer besseren Heilungschancen für die betroffenen Patienten.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTU2Njg=