Ausgabe 1 >2020
26 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 | 2020 Frau Dr. Zehnle, in Ihrer Hausarztpraxis in Ostfildern betreuen Sie viele ältere Patien ten. Wie steht es um deren Gesundheit? Im Vergleich zu früher grundsätzlich besser, denn dank des medizinischen Fortschritts können viele altersbedingte Grunderkran- kungen heute gut medikamentös versorgt werden. Allerdings werden wir ja auch immer älter, und mit steigendem Alter nimmt meist auch die Anzahl und der Schweregrad der Erkrankungen zu. Was sind „typische“ Alterserkrankungen? Dazu zählen zum Beispiel eine zunehmende Herzschwäche, Diabetes, Durchblutungs- störungen der Beine und des Gehirns, die Nierenschwäche, ein eingeschränktes Seh- oder Hörvermögen, ein eingeschränktes Gehvermögen, Gleichgewichtsstörungen mit Schwindel oder Demenz. Wie reagieren Sie als Hausärztin, wenn ein Patient sich aufgrund körperlicher oder kognitiver Einschränkungen nicht mehr selbstständig versorgen kann? Wir können da als Hausärzte einiges in die Wege leiten, am besten mit den Angehöri- gen gemeinsam. Ist der Partner/die Partne- rin verstorben oder selbst gesundheitlich stark eingeschränkt, macht häufig die Ein- bindung eines ambulanten Pflegedienstes Sinn. Dieser kann zum Beispiel dem Patien- tenmorgens bei der Grundpflege helfen oder die Medikamente richten und verabreichen. Bis zu einem gewissen Grad möchten viele Angehörige auch in die Behandlung ein bezogen werden. Was wir als Hausärzte nicht leisten können, ist die umfassende soziale Versorgung, dafür gibt es andere Ansprechpartner in Stadt und Gemeinden. Wichtig ist aber, dass man als Hausärztin mit den anderen Akteuren der Alten- und Seniorenhilfen vernetzt ist und sich über die Patientenversorgung austauscht. Was sind die Besonderheiten bei der haus- ärztlichen Betreuung älterer Patienten? Viele Senioren benötigen eine zunehmend intensive Betreuung. Das fängt damit an, dass sie oft nicht mehr mobil genug sind, um selbst in die Praxis zu fahren. Sie wer- den dann von Angehörigen gebracht, die oft in der Sprechstunde auch dabei sind und wichtige Informationen mitbringen. Das Verständnis für das weitere Vorgehen kann so erleichtert werden, damit der ältere Mensch optimal versorgt wird. Andere Senioren müssen regelmäßig oder häufiger daheim besucht werden, was wir Hausärzte zwischen den Sprechzeiten erledigen. Da Hausarzt-Praxis Scharnhausen Dr. Sieglind Zehnle Ruiter Str. 7 73760 Ostfildern (Scharnhausen) Telefon 07158 80 73 Klinikum Esslingen Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie Leitung Geriatrischer Schwerpunkt Dr. Ulrike Wortha-Weiß Telefon: 0711 3103-(8)2579 u.wortha-weiss@klinikum-esslingen.de Kontakt Hausarzt-Interview: „Alte Patienten benötigen intensivere Betreuung“ Senioren häufig an mehreren Krankheiten gleichzeitig leiden, ist die medizinische Versorgung außerdem komplex. Es geht nicht nur darum, die Anzahl der notwendi- gen Medikamente möglichst aufeinander abzustimmen und zu beschränken. Wir Hausärzte arbeiten täglich als Vermittler zwischen Patient und einer zunehmend erforderlichen Zahl an anderen Teilnehmern der Versorgung, wie ambulanten Pflege- diensten, Fachärzten, dem Krankenhaus, demHospizdienst und vielen Diensten mehr. Dabei ist zu berücksichtigen: Im hohen Alter zählt insgesamt die Lebensqualität mehr als die Optimierung von Laborwerten, dass der Patient sich wohl fühlt und möglichst in seiner gewohnten Umgebung weiter leben kann. Dass wir Hausärzte zu vielen Patien- ten und häufig auch zu ihren Angehörigen eine langjährige Beziehung haben und sie gut kennen, erleichtert uns die Behandlung insgesamt sehr. Das Gespräch führte Lena Jauernig >>>
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