Ausgabe 1 >2021
1 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 19 >>> Gehirn die Durchblutung gestört ist: Je nachdem, welches Areal betroffen ist, treten unterschiedliche Symptome auf. Der Patient sieht verschwommen, hat Wortfindungsschwierigkeiten oder eine einseitige Gesichtslähmung – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Ergänzend kommen Blutuntersuchun- gen sowie bildgebende Diagnoseverfah- ren zum Einsatz. Per Computertomo grafie oder Magnetresonanztomografie klärt sich unter anderem, durch was der Schlaganfall ausgelöst wurde. Mediziner unterscheiden zwei Arten des Schlag- anfalls: Bei einem Hirninfarkt (soge- nannter ischämischer Schlaganfall) liegt ein Gefäßverschluss vor, meist ausgelöst durch ein Blutgerinnsel einer Arterie im Gehirn. Bei einer seltener vorkommen- den Hirnblutung dagegen ist ein Gefäß geplatzt oder eine Blutung zwischen den Hirnhäuten aufgetreten. Ischämischer Schlaganfall: Blockade im Kopf Beim ischämischen Schlaganfall ist das oberste Ziel, die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs schnellst- möglich wiederherzustellen. Als Stan- dardtherapie wird hierzu seit 20 Jahren die Gerinnsel-auflösende Therapie über die Vene durchgeführt (sogenannte Thrombolyse, kurz „Lyse“) . Diese kann kleinere Gefäßverschlüsse, wie sie bei circa 85 Prozent der Schlaganfall-Pati- enten auftreten, gut auflösen und die Prognose des Schlaganfalles damit deut- lich bessern. „Allerdings bleiben nach dem Auftreten der ersten Symptome nur circa viereinhalb Stunden, um mit der Lyse zu beginnen“, so Professor Reinhard. Nur dann sei es gut möglich, die Folgen des Schlaganfalls zu begrenzen. Mitunter führe die Lyse zwar auch nach bis zu neun Stunden noch zu einem erfolgrei- chen Ergebnis, doch dies seien günstige Einzelfälle, so der Experte. Nicht nur Zeit „ Unser Ziel ist es, beim akuten Schlaganfall die wichtigsten Untersuchungen innerhalb von 30 Minuten nach der Einlieferung abzuschließen.” ist ein limitierender Faktor: Liegt ein sehr großer Gefäßverschluss vor (betroffen sind circa 15 Prozent der Schlaganfall- Patienten), reicht die Lysetherapie meist nicht aus, um das Gerinnsel sicher zu beseitigen. „Die Grenze liegt bei ungefähr acht Millimetern Länge des Gerinnsels“, so Professor Reinhard. Thrombektomie: Neue Methode bei schweren Schlaganfällen Patienten, bei denen die Lyse nicht anschlägt, kann am Klinikum Esslingen mit einer noch recht neuen, innovativen Methode geholfen werden. Wie, das berichtet Professor Dr. Stefan Krämer, Chefarzt der Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie und Nuklear- medizin: „Bei großen Gefäßverschlüssen oder wenn bereits mehrere Stunden nach dem Schlaganfall verstrichen sind, wen- den wir die sogenannte mechanische Thrombektomie an.“ Bei diesem Eingriff, der unter Vollnarkose erfolgt, führt der behandelnde Arzt einen Katheter über die Leistengegend ein und schiebt ihn unter Röntgenkontrolle bis zu der verschlosse- nen Stelle vor. „Der Verschluss sitzt meist direkt im Gehirn oder in der Halsschlag- ader.“ Mithilfe eines winzigen, korbähn- lichen Geflechts, eines Stents, wird das Gerinnsel eingefangen und „abgesaugt“. „Stellen Sie sich das wie eine Schach telhalmtechnik vor“, erklärt Professor Krämer: „Vom Zugang in der Leiste bis zum Gefäßverschluss werden drei bis vier Katheter eingesetzt, der erste hat einen inneren Durchmesser von rund 2,2 Milli- meter, der letzte nur 0,5 Millimeter.“ Ist der „Pfropfen“ gelöst, gilt es für die Spezialisten, den nun ungehinderten Blutfluss erst einmal kontrolliert strömen zu lassen: „Durch eine engmaschige Überwachung während und Professor Dr. Matthias Reinhard Professor Dr. Stefan Krämer Blick in den OP: Professor Dr. Stefan Krämer führt mit seinem Team eine Thrombektomie durch.
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