Ausgabe 1 >2021

„ Erst wenn die Wunde geschlossen ist, darf die Haut mit Heilsalbe, möglichst ohne chemische Zusatz­ stoffe, gepflegt werden.“ 1 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 23 Gerade noch gleitet das Messer sauber und glatt durch das rohe Steak, plötzlich rutscht es weg und erwischt den Finger. „Sofort damit zum Arzt! Keime aus rohem Fleisch können zu schwersten Infektionen führen“, warnt Dr. Cornelia Berner, Fachärztin für Chirurgie und Proktologie in der Praxis Berner‘s Braun Schneider in Esslingen. Auch abgesehen von der Infektionsgefahr rät sie, Verletzun- gen an Fingern und Füßen professionell behandeln zu lassen. Unmittelbar unter der Haut liegen die Sehnen. Sie werden oft geschädigt, ohne dass es der Betroffene sofort bemerkt. Erst wenn die Schmerzen abgeklungen sind oder wenn sich Narben bilden, stellt der Patient fest, dass sich Finger und Zehen unter Umständen nicht mehr strecken oder beugen lassen. Die Sehne dann wieder aufzubauen, ist sehr schwierig. Das Beispiel des „Steak-Unfalls“ zeigt: Als Laie ist es oft gar nicht so leicht, einzuschätzen, welche Folgen eine offene Wunde haben kann. Manches, was zunächst harmlos aus- sieht, kann ernste Folgen haben. Andererseits ist aber auch nicht jeder kleine Kratzer ein Notfall. Bei welchen Anzeichen sollte man einen Arzt zu Rate ziehen? Dr. Berner gibt Orien- tierungshilfe: „Zum Beispiel, wenn eine Wunde gerötet ist oder pocht. Zudem bei größeren Wunden, starken Schmer- zen, starker Blutung oder wenn Eiter austritt. Auch eine tiefe Wunde muss ärztlich versorgt werden, selbst dann, wenn diese gar nicht so weh tut: Das liegt daran, dass die emp- findsamen Nervenenden auf der Hautoberfläche liegen.“ Diabetikern rät sie, auch bei kleinsten Verletzungen, vor allem an den Füßen, besonders wachsam zu sein: Die Stoffwechsel­ erkrankung führt dazu, dass die Wundheilung schlechter verläuft als bei gesunden Patienten. Außerdem ist die Emp- findlichkeit ihrer Nerven gestört, so dass kleine Verletzungen wie Blasen unbemerkt zu tiefen Wunden werden können. Nur kleine Wunden selbst versorgen Wer nur eine kleine Wunde hat und diese selbst versorgt, sollte bei der Wundversorgung sorgfältig auf Hygiene achten. Bei nicht stark blutenden Wunden rät Dr. Berner: „Am besten spült man sie mit frischem Wasser ab und tupft sie mit einem sauberen Tuch trocken. Dann trägt man dünn ein Desinfek- tions-Gel oder Spray auf und klebt ein Pflaster als Schutz darüber. Besonders geeignet sind Hydrokolloid-Pflaster, die sogenannten Blasenpflaster. Sie saugen das Wundwasser auf und halten die Wunde leicht feucht, so dass die Haut nicht spannt und reißt. Diese Pflaster sind auch bei Schürfwunden sehr gut geeignet. Sie kleben nicht fest und können einige Tage auf der Wunde verbleiben. Da immer mehr Patienten allergisch reagieren, sind zur Desinfektion Produkte ohne Jod oder Aloe Vera ratsam. Crèmes sollten nicht auf offene Wunden aufgetragen werden. „Er st wenn die Wunde geschlossen ist, darf die Haut mit Heilsalbe, möglichst ohne chemische Zusatzstoffe, gepflegt werden. Gut ist es, die betroffene Stelle zu massieren. Das verhindert, dass sich unschöne und breite Narben bilden“, verrät Dr. Berner. Als Salbe eignen sich Produkte mit Hamamelis, Ringelblume oder dem Wirkstoff Panthenol. Sie fördern die Zellneubildung der Haut, wirken beruhigend und feuchtigkeitserhaltend. Juckt die Haut, ist das ein gutes Zeichen. Die Wunde heilt. Der Juckreiz wird durch den Botenstoff Histamin ausgelöst, welcher an der Abwehr von körperfremden Stoffen beteiligt ist und dafür sorgt, dass sich die Wunde nicht entzündet. Druckverband für stark blutende Wunden Bei stark blutenden Wunden sollte direkt ein Druckverband angelegt werden. Es reicht ein sauberes Handtuch, das auf die Wunde gedrückt wird. Bei gleichmäßig quellendem dunklem venösem Blut, wie bei aufgekratzten Krampfadern, hilft das schon, die Blutung zu stoppen. Bei einer arteriellen Verletzung hingegen, bei der hellrotes Blut stoßweise austritt, muss unbe- dingt ein Arzt aufgesucht werden. Auch nach einem Sturz oder einer Quetschung sollte möglichst ein Arzt zu Rate gezo- gen werden. Innere Verletzungen und Brüche sind oft erst auf dem Röntgenbild zu sehen. Sollte ein Fremdkörper sehr tief in der Haut stecken, diesen niemals selbst entfernen. Die Gefahr, dass Teile im Körper verbleiben oder die Stelle nach dem Ent- fernen sehr stark blutet, ist zu groß. >>> Bei der Wundversorgung gilt: Sorgfältig auf Hygiene achten. Dr. Cornelia Berner

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQxOTA=