Ausgabe 1 >2021

1 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 39 Kontakt Wer aufgrund einer Demenz oder einer anderen kognitiven Ein- schränkung seine Angelegenheiten nicht mehr selbstverant- wortlich regeln kann, bekommt einen gesetzlichen Vertreter zur Seite gestellt. Was bedeutet das für die Betroffenen? Bernd Seifriz-Geiger, Geschäftsführer des Vereins für Betreuungen Esslingen e. V., klärt auf. Herr Seifriz-Geiger, können Menschen mit Demenz selbst bestimmen, wer ihre gesetzliche Vertretung übernehmen soll? Ja, solange man noch geschäftsfähig ist, hat man dazu die Möglichkeit. Dazu muss der Betroffene einer Vertrauensper- son eine privatrechtliche Vollmacht erteilen. Er kann auch mehrere Bevollmächtigte benennen, zum Beispiel wenn der Sohn in f inanziellen und der Ehemann in medizinischen Fragen die Entscheidungsbefugnis bekommen soll. Wichtig ist, dass man nicht nur einen Vertreter benennt, sondern mit diesem auch offen über Vorstellungen und Wünsche spricht. Und wenn ich keine Vollmacht erteilt habe? In diesem Fall bestellt das Gericht einen rechtlichen Betreuer. Das kann ein Angehöriger oder eine andere Vertrauensperson, ein Ehrenamtlicher oder Mitarbeiter eines Betreuungsvereins sein. Der Bestellung geht ein sogenanntes „Betreuungsverfah- ren“ voraus, bei dem das Betreuungsgericht prüft, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung vorliegen. Welche Aufgaben übernimmt ein Betreuer typischerweise? Er regelt die Angelegenheiten des Betreuten in Bereichen wie Vermögensvorsorge, Gesundheitsfürsorge sowie Aufenthalts- bestimmung. Wir erledigen viel Bürokratie: Wir stellen Anträge bei der Krankenversicherung, schließen Miet- und Heimver- träge ab, organisieren den Umzug ins Heim oder unterstützen den Betreuten dabei, sein Geld im Alltag richtig einzuteilen. Wichtig zu wissen: Betreuer sind Fallmanager. Wir organisie- ren zum Beispiel Pflegedienstleistungen für den Betreuten, werden aber nicht selbst pflegerisch tätig. Städtische Pflegeheime Esslingen Hindenburgstraße 8–10 73728 Esslingen Telefon 0711 35172-0 www.pflegeheime-esslingen.de Ihr Verein beschäftigt fünf hauptberufliche, speziell ausgebil- dete Betreuer. Daneben begleiten Sie rund 250 ehrenamtliche Betreuer. Was sollte ein Laie wissen, bevor er ein Betreuungs- amt übernimmt? Wir informieren zum Beispiel über die Pflichten, die das Betreu- ungsrecht dem Betreuer auferlegt: Betreuer müssen in finan- ziellen Angelegenheiten Bericht ablegen, bei bestimmten Rechtsgeschäften wie der Kündigung einer Mietwohnung müssen wir eine Genehmigung einholen. Was macht eine gute Betreuung aus? Die richtige Haltung. Ein Betreuer sollte stets im Sinne des Betroffenen handeln. In der Praxis heißt das, dass man sich nicht von den oft vielfältigen Erwartungen Dritter leiten lässt, son- dern primär von den Interessen des Betreuten. Oder dass man manchmal Entscheidungen trifft, die man für sich selbst so nicht treffen würde, von denen man aber weiß, dass sie den Wün- schen des Betreuten entsprechen. Oder speziell bei Demenz- kranken: Dass man versucht, herauszufinden, was der Wille der Person ist, auch wenn diese ihn nicht mehr äußern kann. Das gelingt zum Beispiel, indem man mit Bezugspersonen spricht. Das Gespräch führte Lena Jauernig Experten-Interview: Bernd Seifriz-Geiger „ Eine Betreuung ist keine Entmündigung“ Verein für Betreuungen Esslingen e. V. Katharinenstr. 46 73728 Esslingen www.verein-fuer-betreuungen.de Bernd Seifriz-Geiger, Geschäftsführer des Vereins für Betreuungen Esslingen e.V.

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