Ausgabe 1 >2022

1 | 2022 Esslinger Gesundheitsmagazin 23 Wie kann das Recht auf Selbstbestimmung im Alter und bei schwerer Krankheit erhalten werden? Dieser Frage widmet sich seit 25 Jahren der ehrenamtliche Verein „Esslinger Initiative Vorsorgen – Selbst bestimmen“. Rita Kren Wenn ich schwerkrank bin, soll mein Leben dann mit allen Mitteln verlängert werden? Möchte ich künstlich ernährt oder beatmet werden? Sollen Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden? Fragen wie diese sind unbequem, tun weh. Nur zu gerne verschieben wir Gedanken an die letzte Lebensphase auf später, auf irgendwann – auf zu spät? „Ich erlebe in meinem Beruf täglich, dass Menschen aufgrund einer Krankheit nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern“, sagt Dr. Ulrike Wortha-Weiß. Die Oberärztin leitet den Fachbereich Geriatrie am Klinikum Esslingen, kümmert sich also um alte Menschen. „Leider sorgen immer noch zu wenige vor. Ich kann nur jedem raten: Halten Sie Ihre Wünsche rechtzeitig schriftlich fest. Machen Sie eine Patientenverfügung.“ Weil ihr der würdige Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden ein großes Anliegen ist, engagiert die Geriaterin sich seit Jahren in der „Esslinger Initiative Vorsorgen – Selbst bestimmen“. Ende 2021 hat sie den Vorstandsvorsitz des Vereins übernommen. Niederschwelliges Beratungsangebot Ein besonderes Angebot der Esslinger Initiative an Seniorinnen und Senioren im Landkreis ist die kostenlose und unabhängige Beratung rund um Patientenverfügung und Vorsorge, abgestimmt auf die ganz persönliche Situation. Um alle Dimensionen dieses vielschichtigen Themas abzudecken, haben sich Fachleute aus verschiedenen Bereichen zusammengeschlossen: medizinisch und juristisch Tätige, Pflegefachkräfte, Engagierte aus der Hospizarbeit, dem Sozialdienst, der Seelsorge, von Stadtseniorenräten und Kreisseniorenrat, ebenso die Betreuungsvereine. 2022 feiert die Esslinger Initiative 25-jähriges Jubiläum. Eine, die seit der ersten Stunde dabei ist, ist Rita Kren, Ärztin im Ruhestand. 1996, als der Verein gegründet wurde, arbeitete sie am Geriatrischen Schwerpunkt am Klinikum Esslingen. Gleichzeitig war sie für den ambulanten Hospizdienst engagiert. „Wir haben damals immer wieder erlebt, dass die Wünsche schwerkranker Menschen unbeachtet blieben und uns gefragt, wie wir die Situation verbessern könnten. Die Antwort: Indem wir mehr Menschen dazu bringen, eine Patientenverfügung niederzuschreiben. Wir haben uns mit anderen Esslinger Akteuren zusammengetan. Gemeinsam reifte der Plan zur Einrichtung eines niederschwelligen Beratungsnetzes.“ Viel bewegt Zusammen haben die Akteure in den letzten 25 Jahren viel bewegt: Schulungen und Weiterbildungen für ehrenamtliche Berater und Beraterinnen durchgeführt, ein Beratungshandbuch herausgegeben, Öffentlichkeitsarbeit betrieben. „Ein wichtiger Meilenstein war, dass wir praxistaugliche Formulare für Patientenverfügung, Vollmacht und Betreuungsverfügung entwickeln konnten“, berichtet Rita Kren. Die Esslinger Initiative dient seit je her auch als „Brutstätte“ für neue Ideen und Projekte. „Wir konnten viele Anstöße geben: Für Angebote zur Verbesserung der Palliativversorgung, für die Einrichtung eines ethischen und eines palliativen Konsiliardienstes oder das Amt des Patientenfürsprechers am Klinikum Esslingen“, freut sich Rita Kren, die bis 2009 Vorsitzende des Vereinsvorstandes war. Ihre aktuelle Nachfolgerin, Dr. Ulrike Wortha-Weiß, ist überzeugt: „Aufklärung ist heute so wichtig wie vor 25 Jahren. Und das nicht nur für alte Menschen. Schließlich kann jeder durch Unfall oder Krankheit in die Situation kommen, nicht mehr äußern zu können, welche medizinischen Behandlungen man möchte und welche nicht.“ Das Beratungsangebot des Vereins möchte sie deswegen in Zukunft ausbauen für jüngere Menschen. Eine weitere Zielgruppe ist ihr ebenso wichtig: „Wir sollten auch junge Ärzte und Ärztinnen sensibilisieren und ermutigen, Wünsche rund um die Versorgung am Lebensende ernst zu nehmen.“ lj Ehrenamtliche Beratung zu Vorsorge und Patientenverfügung Kontakt Klinikum Esslingen Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie Leitende Ärztin Geriatrie / Leitung Geriatrischer Schwerpunkt Dr. Ulrike Wortha-Weiß Telefon 0711 31032570 u.wortha-weiss@klinikum-esslingen.de http://esslinger-initiative.ocular.de Dr. Ulrike Wortha-Weiß

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