Ausgabe 1 >2022

1 | 2022 Esslinger Gesundheitsmagazin 7 Vom kleinen Zeh bis zum Kopf: Jede menschliche Zelle benötigt Blut und Nährstoffe. Der Transport dieser lebensnotwendigen Stoffe erfolgt über eine Art „Straßennetz“. Die Rede ist von unserem Gefäßsystem, das aus großen und kleinen Adern sowie haarfeinen, weit verzweigten Kapillargefäßen besteht. Über die Arterien wird mit Sauerstoff angereichertes Blut vom Herz zu den Organ-, Muskel- und Gewebezellen befördert. Über die Venen fließen sauerstoffarmes Blut und Abfallstoffe des Stoffwechsels zurück Richtung Herz. Eigentlich ein sehr ausgeklügeltes System. Doch man kennt es aus dem Berufsverkehr: Wenn auf einer Straße eine Spur gesperrt oder die ganze Straße blockiert ist, gibt es Probleme. So ist das auch mit den „Straßen“ unseres Körpers. Volkskrankheit Arterienverkalkung „Bei einer Arteriosklerose, umgangssprachlich als Arterienverkalkung bezeichnet, verengen Fett- und Kalkablagerungen eine Arterie. Die Folge sind Durchblutungsstörungen bis hin zum Gefäßverschluss“, erklärt Professor Dr. Serdar Demirel, der neue Chefarzt der Gefäß- und Endovaskularchirurgie am Klinikum Esslingen. Eine verengte Stelle in der Arterie wird auch als Stenose bezeichnet. Eine Stenose kann sich überall im Körper bilden. Je nachdem, in welcher Arterie eine Engstelle besteht, können unterschiedliche, teils schwerwiegende Folgen auftreten. Sind die Herzschlagadern beeinträchtigt, wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. Das Risiko eines Herzinfarkts steigt erheblich. Bei einer verengten Halsschlagader erhöht sich das Schlaganfall-Risiko. In den Beinen kann sich eine Arteriosklerose als periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) bemerkbar machen. Im Volksmund heißt dieses schmerzhafte Leiden „Schaufensterkrankheit“, denn die Betroffenen müssen beim Gehen immer wieder Pausen einlegen, wie bei einem Schaufensterbummel. Das Tückische: Arteriosklerose ist ein schleichender Prozess. Stenosen verursachen lange keine Probleme und werden häufig erst entdeckt, wenn Folgekrankheiten auftreten. Bei Risikogruppen gilt es also, wachsam zu sein. Stenosen treten mit zunehmendem Alter verstärkt auf. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Bluthochdruck, Diabetes mellitus, schlechte Blutfett- und Cholesterin-Werte, Rauchen sowie Bewegungsmangel erhöhen die Gefahr. Aneurysma: Tickende Zeitbombe Arteriosklerose kann nicht nur zu Gefäßengstellen, sondern auch zu Gefäßausbuchtungen führen, die ab einer bestimmten Größe als Aneurysma bezeichnet werden. Die Bauchaorta, Hauptschlagader im Bauch, ist besonders häufig betroffen. Ein Bauchaortenaneurysma verursacht meist keine Beschwerden. „Trotzdem ist es eine Art tickende Zeitbombe“, sagt Professor Demirel. Dehnt sich ein Aneurysma zu weit aus, kann die Bauchschlagader reißen. Dann liegt ein lebensbedrohlicher Notfall vor: „Um zu verhindern, dass die Patienten innerlich verbluten, müssen sie schleunigst in den OP“, so Professor Demirel. Nur 50 Prozent der Patienten, die das Krankenhaus lebend erreichen, überleben eine Ruptur der Bauschlagader. Insbesondere Nikotin konsumierende Männer über 65 Jahre sind Risikopatienten, weswegen eine entsprechende Vorsorgeuntersuchung empfohlen wird. Wird dabei ein Aneurysma entdeckt, das besonders groß ist oder rasch wächst, sollte es behandelt werden. Wann operieren? Müssen Stenosen und Aneurysmen grundsätzlich operiert werden? „Nein“, sagt Professor Demirel. „Oft gelingt es, die Situation mit blutverdünnenden, blutfettsenkenden Professor Dr. Serdar Demirel Wieder alles im Fluss – innovative Gefäß- und Endovaskularchirurgie Spezialfall für Gefäßchirurgen: Dialyseshunt Diabetiker oder andere Patienten mit einer stark reduzierten Nierenfunktion benötigen eine Dialyse. Voraussetzung für die Therapie ist, dass ein Gefäßchirurg einen Shunt anlegt, eine künstliche Verbindung zwischen einer Arterie und einer Vene. „Das erfordert eine enge Abstimmung zwischen Nierenfachärzten und Gefäßmedizinern“, weiß Professor Demirel aus langjähriger Erfahrung. Er plant, den Dialyseshunt-Eingriff zukünftig in Esslingen anzubieten. >>>

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