Ausgabe 1 >2024

1 | 2024 Esslinger Gesundheitsmagazin 33 Auslöser: Gerinnsel im Gehirn Natürlich fragte sich Arne Scheffold, warum ausgerechnet er einen Schlaganfall bekam? Kurzes Herzrasen war ihm zwar selten, aber wiederkehrend beim Joggen aufgefallen: „Es war so stark, dass ich stehen bleiben musste. Aber im nächsten Moment war es wieder weg. „Ich ließ mein Herz beim Hausarzt und bei Fachärzten untersuchen. Das Problem war aber, dass bei den Untersuchungen immer alles in Ordnung war, sowohl der Blutdruck als auch der Puls.“ Herzrhythmusstörungen sind eine häufige Ursache für einen Schlaganfall, weil sie das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln erhöhen, die ein gehirnversorgendes Blutgefäß verstopfen können. Der umliegende Hirnbereich wird dann nicht mehr mit Blut versorgt und stirbt wegen Sauerstoffmangel ab. Je nachdem, welcher Teil des Gehirns betroffen ist, bemerken Betroffene unterschiedliche Symptome wie beispielsweise Sprach- und Sehstörungen oder einseitige Lähmungserscheinungen. Damit jeder die Warnzeichen schnell erkennen und reagieren kann, gibt es das sogenannte „BEFAST“-Schema. „Treten diese Alarmzeichen auf, kommt es auf jede Minute an: Der Notruf 112 sollte sofort gewählt werden“, sagt Professor Dr. Matthias Reinhard, Chefarzt der Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie im Klinikum Esslingen. „Denn je länger das betroffene Hirnareal durch das Gerinnsel nicht mit Sauerstoff versorgt wird, desto mehr Gehirnzellen sterben ab und desto schwerwiegender sind die Auswirkungen.“ „Time is Brain“, Zeit ist Gehirn, lautet die Devise. Unverzügliche Lysetherapie Nachdem die Bankangestellten den Rettungsdienst alarmiert hatten, informierte dieser das Klinikum Esslingen. Dort wurde in der Notaufnahme sofort alles vorbereitet. Sobald Arne Scheffold ankam, untersuchten die Ärztinnen und Ärzte ihn und stuften den Schweregrad seines Schlaganfalls anhand von Blutproben und einer Computertomographie mit Kontrastmitteln ein. Sie prüften, ob das Hirngewebe noch gerettet werden kann. „Wir starten in der Regel innerhalb von 30 Minuten nach Einlieferung mit der Lyse“, sagt Chefarzt Professor Reinhard. „Dabei wird ein spezielles Medikament in den Blutkreislauf gegeben, mit dem das Blutgerinnsel aufgelöst und das verstopfte Gefäß wieder durchgängig gemacht werden kann.“ Thrombektomie bei großen Gefäßverschlüssen Bei Gefäßverschlüssen bis einem Zentimeter Länge ist die Lysetherapie meist erfolgreich. Schwierig wird es allerdings bei größeren Gefäßverschlüssen. „Mit einem zusätzlich zur Lyse angewandten Katheterverfahren, der sogenannten mechanischen Thrombektomie, konnten die Chancen verdoppelt werden, einen großen Schlaganfall ohne gravierende Behinderungen zu überstehen“, berichtet Professor Reinhard. „Dabei wird von der Leiste aus ein Kathetersystem mit Stent bis zu dem Gefäßverschluss im Gehirn vorgeschoben. Das Gerinnsel verfängt sich im Geflecht des Stents und kann herausgezogen werden. So wird der Thrombus vollständig beseitigt. Insgesamt benötigen nur 10 Prozent aller Schlaganfallpatienten eine Thrombektomie.“ Der Eingriff erfolgt unter der Woche tagsüber direkt im Klinikum Esslingen in der Klinik für Radiologie und interventionelle Radiologie durch Professor Krämer und sein Team, am Wochenende und nachts wird er im Katharinenhospital Stuttgart durchgeführt. Dann wird die Patientin oder der Patient unter laufender Lysetherapie nach Stuttgart verlegt. Dort erfolgt die Thrombektomie und meist am Folgetag direkt die Rückverlegung ins Klinikum Esslingen zur Weiterbehandlung. Auch bei Arne Scheffold erfolgte zur Auflösung des Blutgerinnsels eine Lysetherapie und eine nachfolgende Thrombektomie am Klinikum Esslingen. Hierdurch wurde das verschlossene Gefäß im Gehirn komplett wiedereröffnet. Prof. Dr. Matthias Reinhard „ Je länger das betroffene Hirnareal durch das Gerinnsel nicht mit Sauerstoff versorgt wird, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen.” >>> B E F A S T BEFAST: Alarmzeichen eines Schlaganfalls schnell erkennen und handeln Balance (Gleichgewicht): Schwankt die Person zu einer Seite? Ist das Gehen und Stehen unsicher? Eyes (Augen): Liegt eine Sehstörung vor? Sieht die Person unscharf oder doppelt? Schielt ein Auge? Face (Gesicht): Bitten Sie die Person, zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel nach unten? Arms (Arme): Kann die Person die Arme ausstrecken und die Handflächen nach oben drehen? Fällt ein Arm nach unten? Speech (Sprache): Spricht die Person undeutlich, kann einfachste Sätze nicht mehr formulieren und hat Wortfindungsstörungen? Time (Zeit): Fragen Sie die betroffene oder eine Kontaktperson, wie lange die Symptome schon anhalten. Verlieren Sie keine Zeit und rufen Sie umgehend den Notruf 112 an!

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