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Esslinger Gesundheitsmagazin
2 2012
Grüne Damen sind Ehrenamtliche auf Station, die den
Patienten den Aufenthalt im Krankenhaus erleichtern.
Elisabeth Merkel war eine der ersten im Esslinger Kli-
nikum. „Diese Aufgabe ist eine Bereicherung“, sagt sie.
Elisabeth Merkel
hört gerne zu und
freut sich, anderen
Zeit zu schenken
Wenn Elisabeth Merkel den Raum betritt, drehen alle ihren Kopf.
„Guten Morgen, hier kommt die Grüne Dame – brauchen Sie
etwas?“, fragt sie lächelnd und blickt dabei freundlich und ver-
trauenserweckend in die Gesichter der Patienten. Die Reaktio-
nen sind verschieden, je nach Gemüts- und Gesundheitszustand.
Von Freude bis Missmut über Neugier und Ignoranz ist alles
dabei. Die Grüne Dame nimmt’s gelassen und lässt sich auf jede
Situation spontan ein.
„Ich bin immer neutral, vor allem nie aufdringlich, wenn ich in
die Patientenzimmer komme“, erzählt die Grüne Dame, die sich
nun seit fünf Jahren im Klinikum Esslingen ehrenamtlich enga-
giert. Einmal in der Woche kommt sie auf die Stationen der Tho-
rax- und Gefäßchirurgie. Sie macht Botengänge und geht mit
den Patienten spazieren, sie holt Bücher in der Bibliothek, sie
liest vor, sie hilft beim Essen. „Wichtig sind vielen Patienten auch
Gespräche. Ich habe die Zeit dafür und kann zuhören.“
Der ältere Herr im Zimmer 430 steht vor einer schweren Ope-
ration. Ein bisschen Angst habe er schon, aber nicht so sehr.
„Wissen Sie, ich hatte bisher so ein schönes Leben“, sagt er zu
Elisabeth Merkel. Sie greift das Gespräch auf, setzt sich zu dem
Patienten und lässt ihn erzählen: von seiner Frau, die vor eini-
gen Jahren verstorben ist, von den Söhnen, die sich rührend um
den Vater kümmern, und von den Schwiegertöchtern und den
Enkelkindern. Elisabeth Merkel fragt nach, erzählt von eigenen
Erfahrungen und auch als es schließlich um die bevorstehende
Operation geht, stärkt die Grüne Dame den älteren Mann, macht
ihm Mut und lässt ihn seine Ängste loswerden.
„Nicht jedem Menschen fällt es leicht, über seine Sorgen und
Ängste zu sprechen“, sagt die 60-Jährige. „Aber die Patienten,
die hier auf Station liegen, sind häufig sehr krank, sie plagen
sich mit Zukunftsängsten, fühlen sich mit der neuen Situation
überfordert.“ Oft falle es den Menschen leichter, mit einer frem-
den Person darüber zu sprechen als mit den Angehörigen. Und
dafür nimmt sich Elisabeth Merkel Zeit.
Im Klinikum Esslingen arbeiten derzeit sieben Grüne Damen. Das
Angebot soll weiter ausgebaut werden. „Eine Grüne Dame oder
auch gerne ein Grüner Herr müssen jedoch bestimmte Voraus-
setzungen mitbringen“, sagt Pflegedirektorin Doris Rohrhirsch.
Bei Bewerbern achtet sie vor allem darauf, dass es sich um sta-
bile, in sich gefestigte Persönlichkeiten handelt, die in der Lage
sind, mit den Nöten von schwerkranken Patienten umzugehen.
„Es ist natürlich hilfreich, eine Portion Lebenserfahrung mitzu-
bringen“, so Doris Rohrhirsch, „ganz junge Menschen sind mit
dieser Aufgabe oft überfordert.“
Grüne Damen
helfen, wo Hilfe nötig ist