Ausgabe 2 >2018

beginnen, das Blut zu verdünnen damit sich nicht noch mehr Gerinnsel bilden.“ Und das geht meistens ambulant. „NOAK-Präparate sind hierfür inzwischen das Mittel der Wahl“, fügt Professor Leschke hinzu. Diese neuen oralen Antikoagu- lantien (NOAK) sind blutverdünnende Medikamente und haben mehrere entscheidende Vorteile gegenüber dem bis vor weni- gen Jahren standardmäßig verabreichten Marcumar. In der Pra- xis haben sich NOAK-Präparate zudem inzwischen bewährt, stimmen beide Experten überein. Die Substanz wirkt sofort und verhindert ein Weiterwachsen der Thrombose. In der Regel baut sich die Thrombose dann durch körpereigene Enzyme ab. Thrombosevorbeugung bei Krebs Bei der Behandlung durch Marcumar lagen regelmäßig nur 70 Prozent der Patienten im therapeutischen Bereich. Schuld daran war die Anfälligkeit des Medikaments auf äußere Ein- flüsse. „Die Wirkung von Marcumar war extrem davon anhän- gig, wie sich der Patient beispielsweise ernährte. Zudem dauerte es zwischen sieben und zehn Tagen, bis ein Patient ordentlich auf Marcumar eingestellt war“, sagt Professor Leschke. Deshalb mussten bis vor wenigen Jahren auch noch alle Patienten zusätzlich mit Heparin vorbehandelt werden, einem körperei- genen Vielfachzucker mit blutgerinnungshemmender Wirkung. Grund für die Vorbehandlung war, dass die „Lücke“ bis zum Wirkungseintritt von Marcumar geschlossen werden musste, um ein weiteres Anwachsen der Thrombose zu verhindern. „Das allein reichte aber noch nicht, um die Gerinnungsfaktoren in den Griff zu bekommen. Die Heparine verhindern zwar das Ver- kleben der Blutplättchen und damit auch die Vergrößerung des Thrombus, sie lösen ihn aber nicht auf“, erklärt Dr. Kachler. „Die Heparine mussten zwei Mal täglich gespritzt werden, was in der Praxis zu Problemen führte.“ Auch deshalb ist die Behand- lung mit NOAK-Präparaten ein so großer Fortschritt. „Es hat die Behandlung mit Heparin bei normalen Thrombosen über- flüssig gemacht.“ Während Heparin bei der klassischen Thrombosetherapie an Stellenwert eingebüßt hat, ist sie in der Krebstherapie nicht wegzudenken. Professor Geißler erklärt: „Jeder stationär auf- genommene Tumorpatient erhält mit Beginn der Behandlung erst einmal eine Heparinprophylaxe, um eine Thrombose zu ver- hindern. Dies auch bei fitten, mobilen jungen Patienten.“ Hat sich bei Krebspatienten initial oder im Laufe seiner meist ambulant durchgeführten Therapie eine Thrombose und/oder Lungenarterienembolie gebildet, behandelt Professor Geißler initial mit niedermolekularem Heparin. Niemals wird bei Tumor- patienten Marcumar verwendet. Während bis vor kurzem bei Tumorpatienten grundsätzlich Heparin als Dauertherapie wäh- rend der onkologischen Behandlung verabreicht wurde, gibt es inzwischen auch Studien, die zeigen, dass auch NOAK-Präparate sicher und effektiv eingesetzt werden können. Aufgrund der oft komplizierten interdisziplinären Tumortherapien ist aber wei- terhin eine Kombination von Heparin und NOAK notwendig. Steht ein Patient z.B. kurz vor einer Tumoroperation, wird von NOAK wieder auf Heparin umgestellt, denn Heparin ist kurz- fristig besser steuerbar und vermindert so das Blutungsrisiko während der Operation. Bei Patienten, die ambulant mit einer Chemotherapie behandelt werden, ist die Prophylaxe schwieri- ger. Dem stimmt auch Dr. Kachler zu: „Nur bei Patienten mit einer hohen Tumormasse, einer aggressiven Tumorbiologie und Hinweisen für eine Immunaktivierung, wie weiße Blutkörper- chen und Blutplättchen-Anzahl, macht eine Vorbeugung mittels Heparin Sinn.“ Es gibt eine Gemeinsamkeit in der Behandlung zwischen Schwangeren und Tumorpatienten. „Werdende Mütter, die ein erhöhtes Thromboserisiko aufweisen, behandeln wir wäh- rend der gesamten Schwangerschaft ausschließlich mit Heparin“, ergänzt Dr. Vollmer ihre Kollegen. Marcumar und NOAK-Präparate wären ohnehin für Schwangere gar nicht zugelassen. Eine Ausnahme stellt die Blutverdünnung 2 2018 Esslinger Gesundheitsmagazin 9 >>> Regelmäßige Bewegung ist, neben einer gesunden Ernährung, eine gute Thromboseprophylaxe

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