Ausgabe 2 >2020

2 | 2020 Esslinger Gesundheitsmagazin 13 Frau Dr. Hein, Ihre Hausarztpraxis in Leinfelden-Echterdingen ist als Schwer- punktpraxis für den Kreis Esslingen aus- gewiesen – was bedeutet das? Wir haben uns auf einen Aufruf der Kas- senärztlichen Vereinigung hin freiwillig bereit erklärt, alle Patienten, die einen Abstrich benötigen, zu versorgen. So ent- lasten wir die umliegenden Praxen und Notfallambulanzen. Da wir zwei separate Praxis-Eingänge haben und räumlich gut ausgestattet sind, können wir parallel eine normale und eine Infektionssprechstunde anbieten. Setzen Sie sich, ihre Patienten und Mit- arbeiter damit nicht einem höheren Infek- tionsrisiko aus? Im Gegenteil. Um Sicherheit gewährleisten zu können, werden wir als Schwerpunkt- praxis von der Kassenärztlichen Vereini- gung besonders mit Schutzausrüstung versorgt. Wir fühlen uns sicher. Für den Winter wird ein Anstieg der Infek- tionen prognostiziert. Wie schätzen Sie die Situation ein? Allgemein nehmen Viruserkrankungen um diese Jahreszeit zu. Ob es sich um Corona handelt, lässt sich nur per Test feststellen. Wir haben schon erlebt, dass Patienten mit relativ leichten Symptomen dennoch infiziert waren. Wie soll die Bevölkerung also mit Erkäl- tungssymptomen umgehen? Ich finde es wichtig, dass alle kommen, die Symptome haben. Ein Test zu viel ist sinnvoller, als das Virus zu verschleppen und zu verbreiten. Jeder mit Grippe­ symptomen sollte sich zunächst mit seinem Hausarzt in Verbindung setzen, um alles Weitere zu besprechen. Dieser nimmt dann selbst einen Abstrich vor, oder leitet ihn an die Schwerpunktpraxen weiter. Wir Hausärzte stimmen uns ab und entlasten uns gegenseitig. Bitte nutzen Sie das und sprechen Sie bei Symptomen Ihren Hausarzt an. Das Gespräch führte Ursula Kächele Hausarzt-Interview: Einblick in eine Corona-Schwerpunkt-Praxis „Wir entlasten uns gegenseitig“ Letzter Rettungsanker für diese Schwerst-Erkrankten ist die extrakorporale Membranoxygenierung, kurz ECMO. Derzeit setzen nur knapp 200 der rund 1.200 deutschen Intensivsta­ tionen ECMO ein. Das Verfahren ist komplex und kann nur von speziell ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. „In Esslingen haben wir bereits längere Erfahrung mit der Methode und können die ECMO-Geräte im Bedarfsfall schnell bei der Herstellerfirma leihen“, berichtet Dr. Koch. Drei Corona-Patienten behandelten die Esslinger Intensiv­ mediziner mit ECMO. Dr. Koch erklärt, wie die Methode funk- tioniert: „Über eine sehr dicke Kanüle wird Blut aus der Leistenvene gesaugt und durch eine Kunstoffmembran gelei- tet. Dort wird es mit Sauerstoff angereichert, gleichzeitig wird Kohlenstoffdioxid entzogen. Dann wird das Blut zurück in den Blutkreislauf des Patienten gepumpt.“ Meist wird die ECMO-Methode mit einer sanften Beatmung der Lunge kombiniert, damit sich der Atemmuskel nicht zurück- bildet. Theoretisch könnte die eigene Lunge in vielen Fällen aber auch ganz ruhen. Patienten ohne Lungenfunktion können mit ECMO sogar mehrere Monate am Leben erhalten werden. „Die Frage ist, ob das im Sinne des Patienten ist. Wir wenden ECMO nur an, wenn eine Chance besteht, dass die eigene Lunge sich regeneriert“, so Dr. Koch. ECMO biete die Möglichkeit, ein akutes Lungenversagen zu über- brücken, es sei aber keine Wunderwaffe, da die Patienten meist in einem sehr schlechten Allgemeinzustand sind, so Dr. Koch. Trotzdem betont er: „Covid-19-Patienten, die ohne ECMO mit Sicherheit an akutem Lungenversagen sterben würden, erhalten so zumindest eine Überlebenschance.“ Einer der drei Esslinger ECMO-Patienten hat überlebt und steht inzwischen wieder auf eigenen Beinen (mehr dazu auf den Seiten 10 bis 11). Am Ende zählen nicht Statistiken, sondern jedes einzelne Leben. lj Privatdozent Dr. Dr. Alexander Koch Dr. Anke Hein Kontakt Klinikum Esslingen Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Chefarzt Privatdozent Dr. Dr. Alexander Koch Telefon 0711 3103-3001 anaesthesie@klinikum-esslingen.de Internistische Hausarzt- und diabetologische Schwerpunktpraxis Dr. Anke Hein Hauptstraße 117 70771 Leinfelden-Echterdingen Telefon 0711 794 678 00 info@hausarzt-hein.de

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