Ausgabe 2 >2020
2 | 2020 Esslinger Gesundheitsmagazin 37 Kontakt Dr. Helmut Kachler Und wie wirkt der Pneumokokken- Impfstoff in Bezug auf Corona? Vor einer Covid-19 Infektion schützen kann er nicht. Nach Angaben des RKI ist es aber plausibel, dass die Impfung bei Covid-19-Patienten eine sogenannte „bakterielle Superinfektion“ durch Pneumokokken verhindern kann. Bei Influenza-Erkrankungen sind solche Superinfektionen eine bekannte Kompli- kation. Wie häufig sie bei Covid-19 Patienten vorkommen könnten, lässt sich anhand der aktuellen Datenlage laut RKI noch nicht einschätzen. STIKO-Empfehlung: Wer sollte sich gegen Pneumokokken impfen lassen? › Menschen über 60 Jahre; je nach Gesundheitszustand ggf. Auffrischung nach sechs Jahren › Menschen mit Immunschwäche, chronischen Herz-, Lungenkrank heiten, neurologischen Krankheiten oder Diabetes › Säuglinge ab zwei Monaten Grippe Während es sich bei einem grippalen Infekt um die umgangssprachliche Erkältung handelt, wird die „echte“ Grippe durch eine Infektion mit Influ- enza-Viren ausgelöst. „Das sind sehr aggressive Viren, die schwere Krank heiten, mit Lungenentzündung und auch mit tödlichen Folgen hervorrufen können“, erklärt Dr. Kachler. Besonders bei älteren Menschen kann die Infektion mit Influenza einen schwe- ren Verlauf nehmen. Die STIKO rät nicht nur zu Corona-Zeiten: Wer über 60 Jahre ist oder an bestimmten chroni- schen Erkrankungen leidet, sollte sich gegen die Grippe impfen lassen – und zwar jährlich. Da das Grippe-Virus sich ständig durch Mutationen verändert, muss der Impfstoff jedes Jahr neu zusammengesetzt werden. „Um die richtige Zusammensetzung zu finden, beobachten Wissenschaftler die zirku- lierenden Viren genau“, so Dr. Kachler. Influenza-Viren treten saisonal auf: In den Monaten Oktober bis März nimmt ihre Anzahl enorm zu. Die Infektionsrate während einer saisonalen Grippewelle wird vom RKI auf 5 bis 20 Prozent der Bevölkerung geschätzt (4 bis 16 Millio- nen Menschen). „In den letzten Jahren haben sich aber nur 30-40 Prozent der Bevölkerung impfen lassen“, berichtet Dr. Kachler, „für diesen Herbst wäre es wün- schenswert, dass die Impfung stärker in Anspruch genommen wird. Auch, um das Gesundheitswesen nicht noch durch schwere Influenza-Verläufe zu belasten.“ Und: Wer geimpft ist, kann die Krankheit nicht weiterverbreiten. Impfen bedeutet also auch, gesellschaftliche Verantwor- tung zu übernehmen. Auch die Impfung gegen Covid-19 muss in diesem Sinne verstanden werden. STIKO-Empfehlung: Wer sollte sich gegen Grippe impfen lassen? › Menschen, die älter als 60 Jahre sind › Bewohner von Alten- und Pflegeheimen › Schwangere › Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit bestimmten chronischen Erkrankungen (z. B. Diabetes, Asthma, Herzerkrankungen) Covid-19 Und wann kommt er, der heißersehnte Covid-19-Impfstoff? Derzeit arbeiten Forschende weltweit an mehr als 150 möglichen Impfstoff-Kandidaten. „Eine gewissenhafte Prüfung der Impfstoffe ist zwingend erforderlich, denn sie müs- sen zum einen verträglich sein, zum anderen eine zuverlässige Immunität erzeugen“, so Dr. Kachler. Getestet wird in drei Phasen: Phase 1 dient dem Beweis der grundsätzlichen Wirksamkeit und Verträglichkeit, in Phase 2 kommen unterschiedliche Dosierungen zur Anwendung, in Phase 3 werden mehrere tausend Menschen behandelt und auf mögliche Neben wirkungen beobachtet. Welcher der Impfstoff-Kandidaten das Rennen machen wird? „Ich glaube, dass es nicht einen einzigen Impfstoff geben wird, sondern dass es mehreren Ländern gelingen wird, jeweils einen Impfstoff zu entwickeln, zu produzieren und die ent- sprechenden Impfprogramme durchzu- führen“, so die persönliche Prognose von Dr. Kachler. Sicher für ihn ist: Nur eine Impfung kann die Pandemie eindämmen: „Um die Aus- breitung von Corona wirksam zu stoppen, muss ein bestimmter Prozentsatz der Bevölkerung immun sein, so dass das Virus nicht mehr auf empfängliche Personen trifft. Dieses Phänomen wird als Herdenimmunität bezeichnet.“ Dass mithilfe eines neuen Impfstoffs Krank- heiten ausgerottet werden können, zeigt die Geschichte: „Die Impfungen gegen Polio, Masern und Pocken sind gelungene Beispiele für Herdenimmunität: Ganze Krankheiten sind ausgestorben oder wur- den deutlich reduziert“, so Dr. Kachler. Er selbst ist optimistisch, dass es bei dem heutigen Stand der Wissenschaft auch gegen die Corona-Viren einen wirksamen und verträglichen Impfstoff geben wird. Voraussetzung für eine Beendigung der Pandemie ist aber die Bereitschaft der Bevölkerung, sich zu gegebener Zeit auch tatsächlich impfen zu lassen. sm Dr. Helmut Kachler Facharzt für Innere Medizin Sirnauer Straße 11 73728 Esslingen Telefon 0711 352866 „Die Impfungen gegen Polio, Masern und Pocken sind gelungene Beispiele für Herdenimmunität: Ganze Krankheiten sind ausgestorben oder wurden deutlich reduziert.”
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