Ausgabe 2 >2020

2 | 2020 Esslinger Gesundheitsmagazin 7 Kaum hat ein Neugeborenes das Licht der Welt erblickt, schnappt es zum ersten Mal nach Luft. Die Lungenbläschen entfalten sich. Die Lunge, die im Mutterleib noch mit Flüssigkeit gefüllt war, nimmt ihren Dienst auf. Von da an atmen wir ein und aus, ein Leben lang. Ein Neugeborenes circa 40 Mal pro Minute, ein Erwachsener 14 Mal. Beim Einatmen strömt sauerstoffhaltige Luft über den Rachen und die Luftröhre in den Brustraum. Unterwegs wird die Luft gereinigt: Flimmerhärchen fangen Fremdkörper wie Bakterien und Staub ab. Am Ende der Luftröhre verzweigt sich unser Atemsystem. Die Luft gelangt durch die beiden Hauptbronchien in den rechten und lin- ken Lungenflügel. Sie fließt durch immer feinere Verästelungen und erreicht die Lungenbläschen (Alveolen). Dort findet ein stän- diger Gasaustausch statt: Durch die hauchdünnen Wände der Alveolen wird Sauerstoff ins Blut abgegeben. Umgekehrt gelangt Kohlendioxid aus dem Blut in die Lunge und wird von da ausge- atmet. Dieser Gasaustausch ist lebenswichtig, denn der Sauer- stoff, der über die Blutzirkulation im ganzen Körper verteilt wird, ist der „Treibstoff“ für alle Stoffwechselvorgänge. Das Kohlendi- oxid wiederum, ein Abfallprodukt des Stoffwechsels, würde uns vergiften, würde es nicht aus dem Körper abtransportiert. Einatmen, ausatmen: Was für die meisten ein Automatismus ist, verliert seine Selbstverständlichkeit, wenn die Lunge erkrankt. In Deutschland leiden geschätzt 6,8 Millionen Menschen an der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD. Rund 8 Millionen leben mit Asthma bronchiale. Lungenkrankheiten erkennen Je eher chronische Lungenkrankheiten diagnostiziert werden, desto besser sind die Therapiemöglichkeiten. „Ein mehrwöchiger Husten, Brustschmerzen, Husten in Verbindung mit blutigem Auswurf, Luftnot: Diese und weitere Symptome können unter anderem auf eine chronische Lungenkrankheit hindeuten und müssen ärztlich abgeklärt werden“, sagt PD Dr. Martin Faehling, Leitender Arzt der Pneumologie am Klinikum Esslingen. Zu Beginn der Diagnostik steht ein ausführliches Arzt-Patienten- Gespräch: „Ich frage zum Beispiel nach Art, Entwicklung und Dauer der Beschwerden. Dann höre ich die Lunge, aber auch das Herz ab. Denn hinter Beschwerden wie Atemnot kann auch eine Herzerkrankung stecken“, erklärt Dr. Faehling. Zur genaueren Untersuchung der Lunge stehen diverse bildgebende Verfahren wie CT, MRT und endoskopische Methoden zur Verfü- gung. „Mit diesen Verfahren können wir unter anderem feststellen, ob ein Tumor die Beschwerden verursacht“, so Dr. Faehling. Dr. Silke Hellmich Daneben kann der Arzt einen Lungenfunktionstest anordnen, um die Atemleistung der Lunge zu messen. Der Test kann ambulant beim Lungenfacharzt oder im Krankenhaus durchgeführt werden und liefert oft die ersten Hinweise auf Asthma oder COPD. COPD: Schleichendes Leiden „Neun von zehn COPD-Patienten sind langjährige Raucher“ sagt Dr. Silke Hellmich, niedergelassene Fachärztin für Lungen- und Bronchialerkrankungen in Esslingen. Sie warnt: „Je länger und stärker geraucht wird, desto höher das COPD-Risiko. Auch ein frü- her Beginn des Rauchens in der Jugend ist besonders schädlich.“ Dr. Hellmich erklärt, welche Kettenreaktion das Rauchen auslöst: „Nach einer Zigarette sind die Flimmerhärchen in der Lunge vor- übergehend gelähmt und können die Atemluft nicht mehr reini- gen. Schadstoffe dringen in die Lunge. Es kommt zu vermehrter Schleimbildung in den Bronchien und damit zum typischen, von Auswurf begleiteten Raucherhusten. Längerfristig kommt es zu einer dauerhaften Entzündung.“ Diese Entzündung kann wiederrum dazu führen, dass es in den Bronchien zu irreparablen Umbauprozessen kommt mit Narben- gewebe, welches die Atemwege verengt. Ab nun spricht man von einer COPD. „Die Patienten husten nicht nur, sondern verspüren zusätzlich auch Atemnot“, so Dr. Hellmich. „Auch pfeifende oder rasselnde Atemgeräusche sind ein Alarmsignal.“ Bei manchen greift die COPD zusätzlich auch die Lungenbläschen an, ein Lungen­ emphysem entsteht. „Die Patienten können weniger Sauerstoff aufnehmen und auch nicht mehr vollständig ausatmen, das nennt man Überblähung“, sagt die Pneumologin. PD Dr. Martin Faehling „Je länger und stärker geraucht wird, desto höher das COPD-Risiko.“ >>> Lungensport Sport hilft Patienten mit chronischen Atemwegs­ erkrankungen, ihren Alltag besser zu bewältigen und ist daher ein wichtiger Therapiebaustein am Klinikum Esslingen: Die Lungensportgruppe bietet ein speziell auf die Patienten zugeschnittenes Ausdauer- und Muskelaufbau-Programm, kombiniert mit Atem- übungen.

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