Ausgabe 2 >2021

2 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 37 jetzige neue Oberärztin Britta Brenner fünf Jahre lang tätig. „Es war mir wichtig, wieder in ein Haus zu kommen, in dem gute Neonatologie gemacht wird“, sagt sie. Andere Verknüpfungen im Gehirn Wie lange ein Frühgeborenes auf der Station bleibt, hängt in der Regel davon ab, wie früh es auf die Welt gekommen ist. „Die Entlassung geht meist in Richtung des errechneten regulären Geburtstermins“, sagt Niethammer. „Wenn es gut läuft, kann man drei Wochen abziehen.“ Eine der größten Gefahren sei die einer Gehirnblutung. Durch die Unreife der Gehirngefäße komme es schneller dazu, dass ein Gefäß reißt, so die Ärzte. Die Mehrheit der Frühchen werde ohne bleibende Schäden ent- lassen. Allerdings haben Untersuchungen ergeben, dass die Ver- knüpfungen im Gehirn eines Frühgeborenen später anders aus- sehen als die eines reifgeborenen Kindes. „Das Gehirn würde im Mutterleib weiter ausreifen und das tut es auch auf der Intensiv- station, allerdings ist es dort ganz anderen Umwelteinflüssen ausgesetzt“, gibt Niethammer zu bedenken. „Studien zeigen, dass Frühgeborene als Erwachsene zwar nicht weniger zufrieden sind, sie allerdings oft weniger aktiv sind und sich mit romantischen Beziehungen schwertun.“ Auch seien Tendenzen zu Autismus, Hyperaktivität und Teilleistungsschwäche beobachtet worden. Sei länger als 28 Tage Sauerstoff gegeben worden, sei später eher Asthma möglich. „Das Schlimmste, was jemand machen kann, der frühgeboren zur Welt kommt, ist rauchen.“ Neue Projekte Am besten sei es, eine Frühgeburt zu vermeiden. „Da zählt jeder einzelne Tag“, sagt Brenner. „Daher ist unsere Zusam- menarbeit mit der Frauenklinik so wichtig.“ Ein Großprojekt, das Brenner in Angriff nehmen möchte, ist alle Frühchen von Beginn an mit Muttermilch versorgen zu können. „Muttermilch ist die beste Nahrung für Frühgeborene, aber nicht alle Mütter haben genügend“, erklärt Brenner. „Haben Mütter dagegen einen Überschuss, kann diese Milch in Muttermilchbanken gesammelt werden und dann als Spendermilch zur Verfügung gestellt werden.“ Das sei mit Aufwand und hohen Kosten ver- bunden und daher eher in großen Kliniken umsetzbar. Brenner möchte das jedoch in Zukunft auch für Esslingen ermöglichen. Vieles sei noch ungelöst, so die Ärzte. Brenner hat nun die Möglichkeit – wie Niethammer vor ihr – ihren eigenen präg- nanten Fußabdruck in der Esslinger Klinik zu setzen. nw Klaus Niethammer Britta Brenner Kontakt Klinikum Esslingen Klinik für Kinder und Jugendliche Britta Brenner Oberärztin Neonatologie Telefon 0711 3103-3501 b.brenner@klinikum-esslingen.de „ Wir haben in Esslingen einst als eine der Ersten mit der sogenannten Känguru-Pflege angefangen, die heute gang und gäbe ist.” Meilenstein namens Surfactant „Bis Ende der 80er Jahre sind frühgeborene Kinder noch an dem Atemnotsyndrom gestorben“, sagt Niet- hammer. Heute könne man sich das gar nicht mehr vorstellen. Zu verdanken ist das der Entdeckung, dass vielen Frühgeborenen der so genannte Surfactant- Stoff fehlt. Der verändert die Oberflächenspannung der Lungenbläschen so, dass die Lunge nicht kolla- biert. Surfactant wird aus Kälbern und Schweinen gewonnen. Versuche, den Stoff künstlich herzustel- len, seien bisher nur eingeschränkt geglückt: „Die Wirksamkeit ist nicht so gut“, erklärt Niethammer. Dabei wäre es wünschenswert, synthetische Lösun- gen zu finden, gerade für arme Länder, denn der Stoff ist weiterhin sehr teuer.

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