2 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 25 richtigen Platz. Manchmal wird der Darm in der Leiste eingeklemmt. „Dann muss man das schnell operieren.“ Auch andere Darmprobleme gebe es immer wieder bei Kindern gleich nach der Geburt. Stressbedingt kommt es zu Entzündungen im Darm oder aber in der Darmwand wird ein Loch entdeckt. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Darmverschluss kommen. „In diesem Fall müssen wir sofort operieren, denn das ist lebensbedrohlich.“ Ist ein Kind noch sehr klein oder aber sein allgemeiner Gesundheitszustand sehr instabil, versuchen die Ärztinnen und Ärzte, größere Operationen zu vermeiden. „Wir führen im akuten Fall eine Not-OP durch und machen das Nötigste. Die eigentliche Operation verschieben wir dann auf einen späteren Zeitpunkt.“ Die Herausforderungen bei chirurgischen Eingriffen an den ganz Kleinen: die richtige Dosierung der Narkose, die Gefahr einer Hirnblutung bei zu früh geborenen Babys sowie die Stabilität des Kreislaufsystems. Neugeborene Kinder fallen in Stresssituationen schnell in das Kreislaufsystem zurück, das sie im Mutterleib hatten. „Dann wird die Lunge nicht mehr richtig versorgt“, erklärt Dr. Holzer. „Deshalb behandeln wir die Kleinen wie ein rohes Ei.“ Dabei arbeiten Chirurginnen und Chirurgen eng zusammen mit den Kinderärztinnen und -ärzten sowie Expertinnen und Experten der Intensivmedizin und Anästhesie. Frühgeborene kühlen schnell aus Besonders wichtig ist die Wärmeversorgung der Säuglinge, da sie im Vergleich zu Erwachsenen eine große Körperoberfläche haben und ihre Körpertemperatur noch nicht lange halten können. Für das Operationsteam bedeutet das, dass sie in voller Montur mit OP-Kitteln und Handschuhen bei Raumtemperaturen von 32 bis 34 Grad Celsius arbeiten müssen. „Doch das ist notwendig, damit das Baby nicht unterkühlt und der Kreislauf zusammenbricht“, erklärt Dr. Holzer. Das Risiko, dass bei der Narkose etwas schiefläuft, schätzt der Kinderchirurg hingegen als sehr gering ein. Denn die Anästhesisten seien auch mit der Dosierung des Narkosemittels bei den ganz Kleinen sehr erfahren. Auch Fehlbildungen, mit denen manche Babys zur Welt kommen, kann die Chirurgie heute meist sehr früh beheben. So gibt es Kinder, deren Speiseröhre nicht richtig ausgebildet ist. Bei anderen fehlt ein Stück vom After oder das Rückenmark ist offen. Viele Fehlbildungen werden bereits bei einer Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft erkannt. Dann kann die Behandlung vorbereitet werden und auch die Eltern wissen schon, was gleich nach der Entbindung auf sie und ihr Baby zukommen kann. Wenn beispielsweise ein Stück der Speiseröhre fehlt, muss der Säugling zunächst durch Infusionen ernährt werden. Sobald er fit genug ist, wird er operiert. Die Chirurginnen und Chirurgen versuchen, die beiden Enden der Speiseröhre zusammenzufügen. Ist die Lücke zwischen den Enden jedoch größer, wird aus einem Stück des Magens des Kindes oder des Darms eine Brücke geformt und eingefügt. Solange die Enden noch nicht verknüpft sind, wird das Baby durch eine sogenannte Magenfistel durch die Bauchdecke ernährt. Für die Kinder und das begleitende Elternteil, zumeist die Mutter, bedeutet ein solcher Eingriff einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt. Kurz vor der Entlassung des Kindes werden die Eltern von den Ärztinnen und Ärzten und Pflegekräften im richtigen Umgang mit den Besonderheiten in der Betreuung und Ernährung des Babys geschult, zum Beispiel die Handhabung einer Magensonde oder eines künstlichen Darmausgangs. Fehlbildungen werden oft schon im Mutterleib entdeckt Oft ist das Problem mit einer Operation gelöst. Manches Mal jedoch müssen die kleinen Patientinnen und Patienten wiederkommen, wenn eine Behandlung mehrere Eingriffe erfordert. Wenn das Kind wächst, kann es zudem Probleme mit der Narbe geben. „Dann müssen wir nachbessern“, sagt Dr. Holzer. Manche Fehlbildungen kann man zwar operieren, aber die Kinder sind nicht geheilt, sondern noch für eine bestimmte Zeit oder vielleicht das ganze Leben lang auf zusätzliche Behandlungen angewiesen. So bei der Diagnose Spina bifida, im Volksmund offener Rücken genannt. Dabei ist bei dem Baby der Rückenmarkskanal nicht ganz geschlossen. Um Infektionen Dr. Jürgen Holzer >>> „ Etwa ein Drittel aller stationären Operationen erfolgen an Kleinkindern, die jünger als ein Jahr sind.” Ein offener Rücken (Spina bifida) wird meist schon in der Schwangerschaft erkannt und bald nach der Geburt operiert.
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