Ausgabe 2 >2023

2 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 33 Herr Dr. Meinikheim, welche Symptome weisen auf Darmkrebs hin? Es gibt eigentlich keine typischen und verlässlichen Symptome. Wichtig ist, bereits die Vorstufen der Krebserkrankung zu erkennen. Das geht nur mit einer Darmspiegelung. Wir führen bei uns jeden Tag Darmspiegelungen durch und täglich finden wir Polypen, die wir dann gleich herausschneiden und so die Erkrankung verhindern können. Nach einer Studie haben in den ersten zehn Jahren nach Einführung der Vorsorgeuntersuchung 4,4 Millionen Menschen eine Vorsorge-Darmspiegelung machen lassen. Damit konnten etwa 180.000 Darmkrebserkrankungen verhindert werden. Blutbeimengungen im Stuhl und eine Veränderung der Stuhlqualität gelten als Warnsignale. Darmspiegelungen sind nicht beliebt. Gibt es keine alternativen Untersuchungen? Das stimmt so nicht mehr. Als im Jahr 2002 die Vorsorgeuntersuchungen eingeführt wurden, da war das Thema Darmspiegelung vielen unangenehm. Das hat sich aber geändert. Wenn Sie heute einen Termin zur Vorsorge wollen, müssen Sie sechs Monate warten. Das liegt auch daran, dass durch die verbesserte Sedierung die Untersuchung für die Patienten komplett schmerzfrei ist. Alternativ kann man auch ein CT durchführen, die sogenannte virtuelle Koloskopie oder eine Kapseluntersuchung, bei beiden Alternativen ist die Treffsicherheit geringer und Polypen können nicht entfernt werden, eine Koloskopie – eine Darmspiegelung – wäre also die Folge. Wie lange dauert die Untersuchung? Etwa 20 Minuten. Wenn wir Polypen finden, natürlich länger. Hinzu kommt die Vorbereitung der Patienten zuhause. Vor der Untersuchung müssen sie abführen. Wem empfehlen Sie eine Darmspiegelung? Die Leitlinien besagen, dass Männer ab 50 und Frauen ab 55 Jahren eine solche Vorsorgeuntersuchung machen sollten. Denn ab diesem Alter steigt das Risiko an. Bei entsprechender familiärer Belastung mit Darmkrebs oder Darmpolypen auch früher. Hier ist immer ein Beratungsgespräch sinnvoll. Sorge bereitet uns aber, dass in den vergangenen Jahren die Zahl junger Patienten mit Darmkrebs stark zugenommen hat. Woran das liegt, ist noch Gegenstand der Forschung. Übergewicht schon im Kindesalter, mangelnde Bewegung und Fastfood scheinen eine Rolle zu spielen. Wie oft sollte man die Untersuchung wiederholen? Alle acht bis zehn Jahre. Wenn die Erstuntersuchung unauffällig war. Bei Risikopatienten, die bereits Polypen hatten, hängt die Empfehlung vom Gewebsbefund ab und variiert zwischen drei Monaten bis fünf Jahren. Das Gespräch führte Gerlinde Wicke-Naber Arzt-Interview: Dr. Marc Alexander Meinikheim betreibt eine internistische Praxis mit Schwerpunkt Gastroenterologie in Esslingen Die Darmspiegelung rettet Leben Studie: Impfen gegen Krebs Um den Patientinnen und Patienten eine immer bessere Versorgung zu gewährleisten, beteiligt das Darmkrebszentrum Esslingen sich regelmäßig an klinischen Studien. Aktuell zum Beispiel an einer weltweiten Studie des Unternehmens BionTech für eine Impfung gegen Krebs. Untersucht wird dabei das Rezidiv-Risiko nach einer Tumor-OP und ob bei Betroffenen mit einem starken Rückfall-Risiko dieses durch eine Impfung gemindert werden kann. Professor Henning Wege rät allen Patientinnen und Patienten nach einem chirurgischen Eingriff zur Teilnahme. „Etwa zehn Prozent der Tumoroperierten hat zirkulierende Tumor-DNA im Blut und dann ein deutlich erhöhtes Rückfall-Risko. Allein diese Information – der Test für zirkulierende Tumor-DNA wird in der Studie kostenlos durchgeführt – ist sehr wertvoll und lohnt die Teilnahme.“ Nur Patienten mit einem erhöhten Risko für ein Rezidiv werden dann in die eigentliche Studie aufgenommen. Sie erhalten entweder eine individuell für die jeweiligen Tumorzellen hergestellte Impfung gegen einen Rückfall oder ein Placebo-Medikament. Das ist personalisierte Tumormedizin. „Da es sich um eine sogenannte Doppelblind-Studie handelt, wissen auch wir nicht, welcher Patient die Impfung und wer das Placebo erhält“, so Professor Wege. Selbstverständlich ist die Teilnahme an solchen Studien freiwillig. Für die Durchführung gelten strenge Sicherheitsvorgaben. Professor Wege erhofft sich von der Studie wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Behandlung krebskranker Patientinnen und Patienten. „Vielleicht können wir mit dieser Impfung in der Zukunft die meisten Rückfälle vermeiden.“ Für die Studie sucht das Darmkrebszentrum noch Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Teilnehmen können auch Patientinnen und Patienten anderer Kliniken aus der Umgebung. Interessierte erhalten bei Professor Wege nähere Informationen.

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