2 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 37 Professor Dr. Tilman Dahme Wenn die Luft wegbleibt, bringen die wenigsten Menschen das mit dem Herzen in Verbindung. Dabei ist Atemnot ein ganz typisches Symptom für eine Herzschwäche – auch Herzinsuffizienz genannt. Das Herz pumpt nicht mehr genügend Blut durch den Körper, um die Organe optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. „Die Betroffenen erleben meistens einen Leistungsknick, sie sind kurzatmig, werden langsamer und kommen die Treppe nicht mehr hoch“, berichtet Dr. Ralf Hartenstein, niedergelassener Kardiologe in Esslingen. „Viele haben dazu einen unregelmäßigen Herzschlag, das Herz rast oder stolpert. Auch geschwollene Beine sind ein Alarmzeichen. Weil das Herz zu wenig pumpt, kommt es zu Wassereinlagerungen im Gewebe.“ Was genau im Herzen vor sich geht, könne man am besten über eine Ultraschalluntersuchung feststellen: „Diese ermöglicht es, die Größe des Herzens, seine Klappenfunktion, die Herzleistung und den Wasserstaudruck in der Lunge zu beurteilen.“ Herzklappeninsuffizienz Die 94-jährige Patientin Ursula Beutel hat bereits über Monate hinweg eine gewisse Kurzatmigkeit gespürt. Dann, auf einmal, verschärft sich das Problem: „Ich dachte plötzlich, ich ersticke“, erinnert sich die Esslingerin. Mit akuter Atemnot wird sie im Frühjahr 2023 ins Klinikum Esslingen eingeliefert. Dort stellen die Expertinnen und Experten fest: Ursula Beutel leidet an einer Trikuspidalklappeninsuffizienz. „Die Trikuspidalklappe – eine der vier Herzklappen – schließt nicht richtig, weil sich der Klappenring erweitert hat“, erklärt Professor Dr. Tillman Dahme, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Klinikum Esslingen. „Dadurch fließt Blut aus der rechten Herzkammer zurück in den rechten Vorhof. Es wird zu wenig Blut durch den Körper gepumpt und es kommt nicht genügend Sauerstoff bei den Organen an – daher entsteht das Gefühl von Luftnot.“ Eine häufige Ursache für eine Herzklappeninsuffizienz ist natürliche Abnutzung. Minimalinvasiver Eingriff „Bis vor ungefähr zwanzig Jahren mussten Chirurgen für Herzklappeneingriffe noch den Brustkorb aufschneiden, heute geht das minimalinvasiv und schonend per Katheter“, sagt Dr. Hartenstein. Ein Katheter – also ein wenige Millimeter dicker Schlauch – wird über ein Blutgefäß zum Herzen vorgeschoben. Über diesen Katheter können die Operateure die verschiedenen Teile – Klappen, Clips, Ballons, eben alles, was sie zur „Reparatur“ des Herzens brauchen – an die richtige Stelle bringen. Früher führten sie den Katheter meist über die Leiste ein. Heute können einige Eingriffe auch über die Radialarterie am Handgelenk durchgeführt werden. Auch wenn die minimalinvasive Methode schonendender als eine offene OP ist: „Bevor ein Eingriff am Herzen vorgenommen wird, versuchen wir nach Möglichkeit, medikamentös zu behandeln“, so Dr. Hartenstein. „Denn auch eine künstliche Herzklappe wird älter und nutzt sich ab – und ein zweiter Eingriff ist schwieriger als ein erster.“ Ein Großteil der Patientinnen und Patienten profitiere dabei von neuen Medikamenten, diese könnten die Zeit bis zu einem Eingriff oft über Jahre dehnen. >>> Dr. Ralf Hartenstein „ Auch in sehr hohem Alter kann ein Herzklappeneingriff über Katheter Sinn machen.”
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