Ausgabe 2 >2025

2 | 2025 Esslinger Gesundheitsmagazin 41 Ambulant betreute Wohngruppen Eine Frau Mitte achtzig sitzt im sehr geräumigen Wohnzimmer ihrer Wohngruppe und unterhält sich mit ihrer Sitznachbarin im Rollstuhl. Auf dem Sofa neben ihr sitzen ein Mann und eine Frau im ähnlichen Alter und schauen fern, mithilfe von Kopfhörern. In der angeschlossen Wohnküche helfen zwei betagte Frauen beim Gemüseschneiden für das Abendessen, das eine Hauswirtschafterin zusammen mit den Senioren zubereitet. So oder so ähnlich könnte es sich demnächst in einer der drei ambulant betreuten Wohngruppen abspielen, die in den nächsten Jahren von den Esslinger Pflegeheimen gebaut werden sollen und ein Kernstück der Zukunftsstrategie sind. „Wir werden in Zukunft vor der Herausforderung stehen, mehr pflegebedürftige Menschen mit weniger Pflegefachkräften zu versorgen“, sagt Thilo Naujoks, Geschäftsführer der Städtischen Pflegeheime Esslingen. „Deshalb sollten wir schon jetzt Pflege im Alter anders denken. Eine Ergänzung zu den heutigen Formen kann zum Beispiel die Betreuung in ‚Alters-WGs‘ sein.“ Struktur der Wohngruppen In den Alters-WGs werden Pflegebedürftige von den Pflegefachkräften eines ambulanten Dienstes und von den Präsenzkräften des Trägers aus unterschiedlichen Bereichen – wie Pflege oder Hauswirtschaft – betreut und haben so die Chance auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben in Gemeinschaft. Dieses Betreuungsmodell kann und soll eine stationäre Versorgung weitgehend ersetzen, mit Einschränkungen im Pflegegrad 5. Für die Wohngruppen gibt es genaue gesetzliche Vorgaben: Die Wohngemeinschaften müssen baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbständig sein und dürfen nicht zu einer stationären Einrichtung gehören. Der Träger stellt rund um die Uhr eine Präsenzkraft sicher und ergänzt diese täglich für 12 Stunden durch eine zusätzliche Unterstützungskraft. Was ist der Vorteil für den Träger? „In Wohngruppen ist ein anderer Personal-Mix als in Pflegeheimen möglich. Es ist vorstellbar und gewünscht, dass Angehörige in die Versorgung der Bewohner eingebunden werden“, erläutert Thilo Naujoks die Unterschiede. „Für manch einen mag es noch ungewöhnlich klingen, dass pflegebedürftige Menschen nicht rund um die Uhr von Pflegekräften mit einem hohen Fachkraftanteil betreut werden. Aber man darf das ambulante Versorgungsnetz im Umfeld nicht vergessen. Die Wohngemeinschaften sind eingebettet in ein Netz der akuten Versorgung, wie zum Beispiel Rettungsdienst und Notarzt“, sagt Jennifer Werner, stellvertretende Geschäftsführerin und Personalleitung der Städtischen Pflegeheime Esslingen. Planung und Umsetzung Ende 2024 hat der Verwaltungsausschuss der Stadt Esslingen die Zukunftsstrategie der Pflegeheime Esslingen beschlossen und damit den Weg für die Planung frei gemacht. Auch wenn es noch einige Monate beziehungsweise Jahre dauert, bis man von der Umsetzung der Strategie etwas sieht, laufen schon jetzt intensive Planungen. Dies stellt einen wichtigen Meilenstein in der Bedarfsabdeckung der älteren Menschen in Esslingen dar und unterstreicht unsere festgelegten strategischen Ziele im Seniorenplan 2030, sagt Bürgermeister Yalcin Bayraktar, Leiter des Dezernats für Ordnung, Soziales, Kultur und Sport der Stadt Esslingen am Neckar. Im Bezug auf die Wohngruppen ist diese auch schon konkret: Ein Baugrundstück in Mettingen für eine Wohngruppe ist schon gefunden. Hier könnte man mit der Vorbereitung des Baugesuchs starten. Die Analyse der Städtischen Pflegeheime Esslingen hat gezeigt, dass die Wirtschaftlichkeit von ambulant betreuten Wohngruppen ab drei Gruppen mit zwölf Personen gegeben ist. Deshalb sollen parallel zwei weitere Gruppen im Stadtteil Zell gebaut werden. Auch dort hat man ein Grundstück in der Alleenstraße („Am alten Neckar“) schon in die engere Wahl genommen. Allerdings muss hier der Bebauungsplan geändert werden, damit die Errichtung des für die WGs notwendigen Gebäudes möglich ist. Dieser Prozess läuft aktuell. Wenn auch hier der Weg frei ist, kann die konkrete Planerstellung starten und im Anschluss ein Baugesuch eingereicht werden. Für beide Vorhaben in Mettingen und Zell liegen bereits Machbarkeitsstudien vor. „Wahrscheinlich werden wir etwas zeitversetzt mit der konkreten Umsetzung an den zwei Standorten Mettingen und Zell starten können. Wir rechnen aktuell mit einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren bis Fertigstellung“, sagt Thilo Naujoks. Appartements für betreutes Wohnen In Zell soll der Neubau außerdem zwei Stockwerke mit insgesamt 16 Apartments für betreutes Wohnen enthalten – also ein Angebot für ältere Personen, die sich mit etwas „ Wir sollten schon jetzt Pflege im Alter anders denken. Eine Ergänzung zu den heutigen Formen kann zum Beispiel die Betreuung in ‚Alters-WGs‘ sein.“ Thilo Naujoks Jennifer Werner >>>

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