Ausgabe 1 >2022

In der Hilfsmittelsprechstunde bekommt jedes Kind die individuelle Unterstützung, die es benötigt. 26 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 | 2022 Solche Details mindern gerade beim ersten Termin die Hemmschwelle. Denn die betroffenen Kinder seien sich ihrer Unterschiede zu gesunden Kindern oft nur allzu sehr bewusst. „Wir achten sehr darauf, dass wir Hilfsmittel immer passgerecht einsetzen“, sagt Dr. Novak. „Manche Kinder mit Downsyndrom brauchen beispielsweise Orthesen, andere nicht. Wir passen den richtigen Zeitpunkt ab, um die eigene körperliche Entwicklung abzuwarten und zu fördern. So wollen wir sowohl eine Unter- als auch eine Überversorgung vermeiden.“ Gerade um Versorgungsbedarf und Förderungspotential in jedem einzelnen Fall gut einzuschätzen, sind die Fachleute des SPZ gefragt: „Wenn ich dem Menschen alle Muskelfunktionen abnehme, indem ich das Hilfsmittel das machen lasse, dann ist es eher ungünstig. Denn wenn man den Kindern im motorischen Bereich zu viel abnimmt, dann ist die Motivation, es zu müssen, nicht so groß“, erklärt Dr. Hayd. „Kinder wollen nicht nur gefördert, sondern auch herausgefordert werden, damit sie sich optimal entwickeln.“ Dr. Novak bestätigt: „Viel hilft nicht immer viel.“ Schnelle Fortschritte Gezielt eingesetzte Hilfsmittel können hingegen lebensverändernd sein: Oft stoßen sie die Entwicklung an und ermöglichen den Kindern erst, ihr Potential auszuschöpfen, so die Ärzte. „Zum Beispiel bringen wir Kinder, die sich nicht lange im Sitzen halten können, mit einem Therapiestuhl in die Aufrechte. Wir können auch >>> Kontakt Klinikum Esslingen Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) Dr. Simon Novak, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Leiter des SPZ Telefon 0711 3103-3651 s.novak@klinikum-esslingen.de Birgit Bertram, Physiotherapeutin Telefon 0711 3103-3651 b.bertram@klinikum-esslingen.de Praxis Dr. Hayd, Dr. Gaukler & Dr. Oßwald Dr. Christian Hayd, niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Telefon 0711 355887 hgo@kinderaerzte-esslingen.de das Stehen mit Hilfsmitteln begleiten“, berichtet Dr. Novak. „Die Möglichkeit mit anderen auf Augenhöhe sitzen zu können und die neue Raumwahrnehmung verändert die Kinder komplett. Das bringt ihre gesamte Entwicklung voran.“ Besonders deutlich wird der Unterschied, den Hilfsmittel machen können, bei Kindern, die bisher in Ländern behandelt wurden, in denen eine Hilfsmittelversorgung nicht üblich ist. „Da sehen wir manchmal starke Kontrakturen, Spastiken, also erhöhte Muskelspannung in den Extremitäten wie den Händen, die hätte man früh durch Physiotherapie und Orthesen behandeln können“, berichtet Dr. Novak. „Wenn wir diesen Kindern Hilfsmittel geben, sind wir immer wieder überrascht, wie schnell sie lernen und Fortschritte machen.“ Momente des Staunens gibt es in der Hilfsmittelsprechstunde of t. Bertram berichtet: „Ich f inde es immer wieder beeindruckend, wenn ein Kind zum ersten Mal im Rollstuhl sitzt. Die Kinder wissen sofort intuitiv, wie es geht, noch bevor wir beginnen, alles zu erklären.“ Selbst für die Eltern sei das oft sehr emotional und überraschend. „Das gleiche besondere Strahlen in den Augen sehe ich bei Kindern, die zum ersten Mal ein Therapiefahrrad ausprobieren. Dieses Gefühl ‚Wow, ich kann mich ohne fremde Hilfe vorwär t sbewegen‘, das sind besondere Momente, die allen ans Herz gehen.“ nw

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