2 2012
Esslinger Gesundheitsmagazin 23
Die Werte der Patienten auf der
Stroke Unit werden rund um die
Uhr ausgewertet
Nach Diagnose und Erstmaßnahmen sind
die Patienten auf der Stroke Unit für min-
destens 24, manchmal auch bis zu 72
Stunden verkabelt und werden engma-
schig überwacht. Ärzte, Pflegepersonal,
Physiotherapeuten, Logopädinnen und
Ergotherapeutinnen sowie Sozialarbeiter
bilden ein Team, das den Patienten von
der ersten Minute an betreut. „Wir begin-
nen bereits auf der Stroke Unit mit der
Frührehabilitation“, erklärt Dr. Sperber.
Die Therapeuten stehen den Patienten
auch amWochenende und an Feiertagen
zur Verfügung – so geht keine wertvolle
Zeit verloren.
„Lange Zeit hat man gedacht, dass Ner-
venzellen sich nicht mehr regenerieren
können“, erläutert Dr. Sperber, „was ein-
mal verloren war, könne nicht wiederher-
gestellt werden – das ist nicht ganz rich-
tig.“ Mittlerweile weiß man, dass das
Gehirn neue Verschaltungen produzieren
kann, oft in Regionen, in denen man es
gar nicht vermuten würde. „Mit moder-
nen Funktionsdarstellungen lassen sich
die neuen Verschaltungen sogar sichtbar
machen.“ Mit den richtigen und frühzei-
tigen Reha-Maßnahmen können viele
Ausfälle wieder behoben oder zumindest
zurückgebildet werden. Das Gehirn ist in
der Lage, auch noch im fortgeschrittenen
Alter verloren gegangene Hirnfunktionen
durch andere Gehirnareale zu ersetzen.
Zehn Jahre Stroke Unit
in Esslingen
Die Stroke Unit am Klinikum Esslingen
gibt es bereits seit zehn Jahren. „Wobei
wir natürlich schon immer Schlaganfall-
patienten behandelt haben“, sagt Dr.
Sperber. Als erste Stroke Unit in Baden-
Württemberg ist sie vor drei Jahren von
der Intercert AG zertifiziert worden. „Für
uns bedeutet das, dass wir die Hand-
lungsabläufe immer wieder neu überprü-
fen und verbessern müssen.“ Acht Betten
stehen in Esslingen derzeit zur Verfügung,
rund 750 Patienten werden pro Jahr ver-
sorgt.
Patienten nach einem Schlaganfall müs-
sen im Anschluss an den Krankenhaus-
aufenthalt in der Regel für drei Wochen
in die Rehabilitation. Diese wird vom
Klinikum Esslingen organisiert. „Dabei
beziehen wir die Wünsche des Patienten
und seiner Angehörigen mit ein“, erklärt
der Chefarzt. Die Reha kann entweder
stationär in einer spezialisierten Reha-
Klinik erfolgen oder auch ambulant. Dann
wird man morgens abgeholt und darf
nachmittags wieder nach Hause. „Unser
Netz ist sehr gut“, sagt Dr. Sperber. Ihm
ist es wichtig, dass der Patient sich in der
Reha wohlfühlt, „denn je mehr die Thera-
pie Spaß macht, umso größer ist der
Erfolg der Therapie.“
Je nach Schädigung werden dabei die
Schwerpunkte bei den Reha-Maßnahmen
unterschiedlich gelegt. Dabei lernt der
Patient auch, möglichst viele seiner
Alltagsaktivitäten wieder selbst zu ver-
richten: an- und ausziehen, essen und
Körperpflege, aber auch einkaufen, tele
fonieren und vieles mehr.
„Kaum ein anderes medizinisches Fach
hat sich in den vergangenen Jahren so
sehr entwickelt wie die Neurologie“, sagt
Dr. Sperber, „wir können heute viel mehr
Menschen mit Schlaganfall retten und
vor einer dauerhaften Pflegebedürftigkeit
bewahren.“
kw
Geriatrische
Komplexbehandlung
Noch während die Patienten auf der Stroke
Unit im Esslinger Klinikum behandelt werden,
beginnen die Therapeuten bereits mit der
sogenannten Geriatrischen Komplexbehand-
lung. Dabei handelt es sich um ein spezielles
Rehabilitationsprogramm, das individuell auf
jeden einzelnen Patienten ausgelegt ist. Je
nachdem, welche Hirnregion durch den
Schlaganfall beschädigt wurde, wird entspre-
chend der Schwerpunkt gelegt.
Physiotherapeuten
stärken den Körper.
Bewegungsabläufe werden geübt, Muskeln
aufgebaut, Koordination und Gleichgewichts-
sinn gefördert. Dadurch können Lähmungen
und Fehlhaltungen verbessert und beseitigt
werden.
Wenn das Sprachzentrum geschädigt ist, kön-
nen
Logopäden
helfen. Sie machen mit den
Patienten Sprachübungen und trainieren Ges-
tik und Mimik. Auch Schluckstörungen wer-
den vom Logopäden behandelt.
Ergotherapeuten
unterstützen den Patienten
bei der Bewältigung des Alltags. Der Betrof-
fene lernt, trotz seiner Einschränkungen ein
selbständiges Leben zu führen.
„Bei wöchentlichen Teambesprechungen wer-
den alle Patienten besprochen“, erklärt Chef-
arzt Dr. Wolfgang Sperber. Die Patienten wer-
den während des gesamten Klinikaufenthaltes
von denselben Therapeuten betreut. Der
Geriatrische Schwerpunkt ist der Klinik für
Neurologie angeschlossen, ist aber für das
gesamte Klinikum zuständig. Auch die Sozi-
alarbeiter werden in die Komplexbehandlung
miteinbezogen. Sie suchen den am besten
geeigneten Platz für die Anschlussbehandlung
in einer Reha-Einrichtung.
Regionaler Schlaganfall
schwerpunkt an der
Klinik für Neurologie und
Neurophysiologie
Chefarzt Dr. W. Sperber
Facharzt für Neurologie und
Psychiatrie, Psychotherapie,
Klinische Geriatrie
Klinikum Esslingen
Hirschlandstr. 97, 73730 Esslingen
Telefon 0711 3103-0