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Esslinger Gesundheitsmagazin 43
Wir können sie nicht sehen, und doch sind
sie allgegenwärtig. Sie kleben an Händen,
Münzen, Türgriffen und wandern unbe-
merkt von Mensch zu Mensch: Bakterien,
Viren und Pilze umgeben uns tagein, tag-
aus – und solange wir gesund sind, wird
unser Immunsystem problemlos mit ihnen
fertig. Doch wenn der Körper abwehrge-
schwächt ist, können die Keime Infektio-
nen hervorrufen. „Das ist das Problem in
Krankenhäusern“, sagt Dr. Jürgen Maier,
Klinikhygieniker im Klinikum Esslingen.
Die Patienten sind nicht gesund – ganz im
Gegenteil, viele sind alt und schwer krank.
Ihr Immunsystem ist geschwächt und
Keime haben leichtes Spiel. Ganz beson-
ders gefährlich sind dabei diejenigen,
gegen die es keine oder nur noch wenige
Mittel gibt: multiresistente Bakterien, die
auf kein Antibiotikum ansprechen. „Strikte
Disziplin bei den verschiedenen Desinfek-
tions-und Sterilisationsmaßnahmen wie
Hände- und Instrumentendesinfektion
sind Möglichkeiten, die Infektionen zu
verhüten“, so Dr. Maier.
Ein fünfköpfiges Team ist im Klinikum
Esslingen damit beschäftigt, die Hygiene­
maßnahmen umzusetzen und deren Ein-
haltung zu überprüfen. Neben Dr. Maier
als Klinikhygieniker gibt es mit Silvia
Ruopp und Anna-Marie Höss zwei Hygi-
enefachkräfte. Regine Weine und Simone
Weigelt sind als Hygieneassistentinnen
tätig. Hinzu kommen hygienebeauftragte
Ärzte, die an einer Weiterbildung teilge-
nommen haben und alle hygienerelevan-
ten Themen ihrer Klinik im Blick haben.
Gemeinsam mit dem Ärztlichen Direktor
des Esslinger Klinikums, Professor Dr.
Ludger Staib, sind sie auch Mitglieder der
Hygienekommission, die vier Mal im Jahr
zusammenkommt, um alle hygienerele-
vanten Themen zu besprechen. „Die Zahl
der Mitglieder dieser Hygienekommission
ist im vergangenen Jahr deutlich gewach-
sen“, erklärt Dr. Maier, der die Hygiene­
kommission leitet, „die Hygiene wird im
Klinikum Esslingen sehr ernst genom-
men.“
Aufgabe des Hygieneteams ist es unter
anderem, nach gesetzlichen Vorgaben für
Klinikmitarbeiter und Besucher Hygie-
nepläne zu erstellen. „Darin sind genaue
Vorgehensweisen festgelegt“, erklärt Dr.
Maier. Bei der Aufnahme wird bei jedem
Risikopatienten ein Test auf multiresis-
tente Erreger durchgeführt. Ergibt die
Untersuchung einen kritischen Keimbe-
fund, wird der Patient isoliert und die
Infektion saniert.
Das Hygieneteam führt außerdem Statis-
tiken über alle kritischen Keime im Klini-
kum. Die Ergebnisse werden an überge-
ordnete Behörden weitergemeldet .
„Damit erhalten wir Rückmeldung über
das gesamte Keimspektrum“, erklärt der
Klinikhygieniker. So liegt die Quote beim
bekanntesten aller Krankenhauskeime,
dem Methicillin-resistenten Staphylo-
coccus aureus (MRSA), in einem kürzlich
veröffentlichten Qualitätsvergleich der
„GeQik“ (Geschäftsstelle Qualitätsver-
gleich im Krankenhaus) bei nur zehn Pro-
zent an allen untersuchten S. aureus aus
klinisch relevantem Untersuchungsmate-
rial – deutlich unter dem bundesweiten
Schnitt von 25 Prozent.
Neben dem MRSA gibt es eine ganze
Reihe anderer Bakterien, die die Patienten
im Krankhaus gefährden. Dazu gehören
unter anderem die ESBL-Darmkeime,
Clostridien oder Noroviren. „Im Labor
werden diese Keime automatisch identifi-
ziert“, erklärt Dr. Maier. Seit 16 Jahren
arbeitet der Mikrobiologe im Labor Enders,
das sich direkt am Klinikum Esslingen
befin­det. „Sobald bestimmte Keime gehäuft
auftreten, können wir sofort reagieren und
den Patienten isolieren.“
Eine wichtige Aufgabe des Hygieneteams
ist die Beratung und Schulung der Mit-
arbeiter. Neben regelmäßigen Begehun-
gen auf allen Stationen gibt es mindes-
tens einmal pro Jahr für jeden Mitarbeiter
einen Schulungstermin zur korrekten
Durchführung der Händehygiene. „Die
richtige Händedesinfektion ist das A und
O der Hygiene“, so Dr. Maier. Die Teilnahme
der Klinikmitarbeiter an den Schulungen
nimmt seit Jahren kontinuierlich zu – für
Dr. Maier ebenfalls ein Indiz dafür, wie
ernst die Hygiene genommen wird. Das
Klinikum nimmt auch an der Aktion „No
Hand­shake“ teil. „Durch Händeschütteln
werden nun mal Keime übertragen, des-
halb versuchen wir das möglichst zu ver-
meiden.“
Hygiene in der Arztpraxis
Strenge Hygienemaßnahmen sind nicht
nur im Krankenhaus ein Muss, sondern
genauso in Arztpraxen. Auch hier gelten
strikte Vorgaben, die vom Landesgesund-
heitsamt regelmäßig überprüft werden.
In der Chirurgischen Praxis Berner und
Berner im Lammgarten, Oberesslingen,
zum Beispiel wurden auch Hygienepläne
erarbeitet, an die sich die Mitarbeiter hal-
ten müssen. „Darin sind alle Maßnahmen
geregelt – von den Abläufen bei der
Behandlung über die Kleidung der Mitar-
beiter bis hin zur Vorgehensweise bei der
Desinfektion der Instrumente“, erklärt Dr.
Cornelia Berner. Die Chirurgin ist die offi-
zielle Hygienebeauftragte der Gemein-
schaftspraxis und kann für Verstöße ver-
antwortlich gemacht werden. „Auch bei
uns steht die Händedesinfektion an erster
Stelle“, erklärt sie. Die Mitarbeiter müssen
ihre Hände zum Beispiel beimHereinkom-
men, nach dem Umziehen sowie stets vor
und nach einer Behandlung desinfizieren.
„Patienten mit Wunden sollten sich übri-
gens niemals den Verband selbst abma-
chen“, sagt Dr. Volker Berner. Da der Pati-
ent keine sterilen Hände hat, könnte er so
nämlich Keime in seine Wunde oder von
seiner Wunde auf Türklinken und Zeit-
schriften im Wartezimmer übertragen.
„Deshalb bitte immer warten, bis der Arzt
oder die Arzthelferin kommt.“ Es gibt
zudem strikte Hygienevorschriften für
die Instrumentendesinfektion. „Wir haben
eine speziell ausgebildete Sterilgutbeauf-
tragte.“
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„Die richtige Händedesinfektion
ist das A und O der Hygiene.“
Silvia Ruopp und Simone Weigelt auf dem
Weg zur Beratung der Mitarbeiter