Ausgabe 2 >2021

10 Esslinger Gesundheitsmagazin 2 | 2021 Kontakt Klinikum Esslingen Brustzentrum Esslingen BZE Professor Dr. Thorsten Kühn, Leiter des Brustzentrums Telefon 0711 3103-3051 T.Kuehn@klinikum-esslingen.de In der Krebstherapie geht es heute immer stärker auch um Lebensqualität, um Schmerzfreiheit, Mobilität, psychisches Wohlbefinden und darum, soziale Rollen in Beruf, Haushalt und Freizeit ausüben zu können. Professor Dr. Thorsten Kühn, Leiter des zertifizierten Brustzentrums am CCE, zeigt am Bei- spiel Brustkrebs, wie dies gelingen kann. Professor Dr. Kühn, wie lebensbedrohlich ist Brustkrebs? Dank moderner Diagnostik und hochwirksamer Therapien haben sich die Heilungschancen enorm verbessert und die Therapiever- fahren sind schonender geworden: Wir können heute die Brust häufig erhalten oder sie mithilfe spezialisierter Techniken wieder aufbauen. Wir müssen nicht mehr grundsätzlich alle regionalen Lymphknoten entfernen. Bestrahlung und Chemotherapie haben deutlich weniger Nebenwirkungen. Gibt es welche, können sie mit Medikamenten oder Hilfsmitteln verringert werden. So setzen wir zum Beispiel Kühlsysteme ein, die bei Chemotherapie-Patientin- nen Haarausfall oder Nervenschäden vorbeugen können. Wie ist es gelungen, dass die Brustkrebsbehandlung gleichzeitig wirksamer und schonender wurde? Früher wurden vorwiegend Zellgifte gegen Tumorzellen eingesetzt, die gleichzeitig auch gesunde Zellen schädigen. Heute wissen wir, wie man die Rädchen im Getriebe blockiert, die für das Tumor- wachstum zuständig sind. Wir haben gelernt, dass jede Krebser- krankung anders ist und verstehen zunehmend die Funktionsweise von Tumoren. Die Therapie setzt also viel zielgerichteter an. Sie sind Mitbegründer und Vorsitzender von EUBREAST, einem der weltweit größten Netzwerke von Brustkrebs-Chirurgen. Was tun sie für Brustkrebspatientinnen? EUBREAST plant und koordiniert weltweit großangelegte medi- zinische Studien. Wir erforschen zum Beispiel, wie wir durch die medikamentöse Vorbehandlung öfter schonender in der Brust und an den Lymphknoten operieren können. Indem wir Chirurgen unsere Kompetenzen international bündeln, beschleunigen wir den wissenschaftlichen Fortschritt. Innovationen, die die Lebens- qualität der Patientinnen verbessern, können so sehr viel schnel- ler in die klinische Praxis übertragen werden. Das Klinikum Esslingen ist Mitglied im Kompetenznetz Inte­ grative Medizin. Neben konventionellen setzen Sie also auch komplementäre Behandlungskonzepte ein. Warum? Es gibt eine Vielzahl komplementärer Verfahren, deren positive Wirkung bei Krebspatienten wissenschaftlich belegt ist, wie zum Beispiel Yoga. Wir haben über die Jahre eine hohe Kompetenz im Bereich der evidenzbasierten Komplementärmedizin aufge- baut. Aktuell planen wir zusätzlich eine Kooperation mit der Filderklinik, um unser Angebot auf diesem Gebiet auszuweiten. Psychisches Wohlbefinden, Bewegung und Ernährung haben erwiesenermaßen einen positiven Einfluss auf Lebensqualität und Heilungschancen. Wie unterstützt das Brustzentrum da? Wir haben 2019 das Angebot „Bewegt gesund“ ins Leben geru- fen. Zwei ehemalige Brustkrebspatientinnen, Claudia Groninger und Claudia Benditt, geben Nordic Walking und Yogakurse für Frauen mit Brustkrebs. Zukünftig sind auch Angebote wie Tanz, Malerei, Kochkurse und ein Frühstück geplant. Außerdem unter- stützen wir Selbsthilfegruppen. Bei all diesen Angeboten geht es uns auch um die Gemeinschaft. Wenn die Frauen zusammen- kommen und sich austauschen, gibt das Stärke. Das Gespräch führte Lena Jauernig Arzt-Interview: Brustkrebs Leben statt nur Überleben Professor Dr. Thorsten Kühn

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