Ausgabe 2 >2022

2 | 2022 Esslinger Gesundheitsmagazin 19 Dorothea Janssen Professor Dr. Ludger Staib wenn nur ganz wenig in der Blase ist“, erklärt Janssen. Bei der Überlaufblase ist die Blase ausgeleiert. „Sie kann sich nicht mehr richtig entleeren und wenn sie einen gewissen Füllungsdruck hat, läuft sie über“, erklärt Dr. König. „Die Betroffenen waren gerade auf der Toilette und haben immer noch einen Liter Urin in der Blase, merken es aber nicht.“ „Bei Männern macht eine vergrößerte Prostata den Harnausgang eng, sie müssen stark pressen, um zu urinieren und Urin bleibt unbemerkt in der Blase zurück, was die Blase mit der Zeit ausleiert“, so Professor Staib. wurde, hat man später bessere Grundvoraussetzungen.“ Auch Männern raten die Ärzte zu Beckenbodentraining. Kraftgeräte für den Beckenboden Für Frauen gibt es Biofeedback Beckenbodentrainer – Druckaufnehmer, die in die Scheide eingeführt werden, Anspannung wahrnehmen und über ein Gerät die An- und Entspannung des Beckenbodens anleiten. „Das ist wie eine Hantel für den Beckenboden“, sagt Janssen. Auch Männer können auf das so genannte Biofeedback für ihr Beckenbodentraining zurückgreifen: „Am Po wird eine Sonde angelegt oder der Patient setzt sich auf die Sonde, die die Aktivität des Beckenbodens aufnimmt“, erklärt Professor Staib. „Diese Daten werden auf das Handy übertragen und der Patient kann sehen, wie stark und wie lange er die Beckenbodenmuskulatur anspannt.“ Speziell bei Belastungsinkontinenz helfe der Einsatz von Wechselstrom, so Dr. König: „Am Bein oder im Analbereich wird eine Elektrode angebracht, die durch die Stromleistung die Beckenbodenmuskulatur zum Kontrahieren anregt – salopp gesagt ist das elektrisches Beckenbodentraining.“ Eine gute Angewohnheit sei außerdem, immer wenn man im Auto an einer roten Ampel wartet, den Beckenboden anzuspannen: „Anspannen, solange man kann, dann entspannen und sofor t wieder anspannen“, erklärt Professor Staib. Das Training sollte konsequent täglich erfolgen – idealerweise in zwei Einheiten von zehn bis dreißig Minuten. „Wenn eine Besserung der Inkontinenz erreicht ist, muss man dennoch mit dem regelmäßigen Training fortfahren, sonst wird die Muskulatur wieder schwach“, betont Janssen. Behandlungsansatz Nummer eins: Beckenboden „Die häufigste Ursache ist der untrainierte Beckenboden und der lässt sich trainieren“, sagt Professor Staib. Dadurch lasse sich in gewissem Maße auch individuell unterschiedlich die Blase behandeln. „Der Beckenboden, bestehend aus verschiedenen Muskel- und Bindegewebeschichten schließt das knöcherne Becken nach unten hin ab“, erklär t Janssen. Harnröhre, Darm und bei der Frau die Scheide treten hindurch. Mit zunehmendem Alter wird der Beckenboden schlaffer. Eine vererbte Bindegewebsschwäche oder Übergewicht mit einhergehender schlaffer Beckenbodenmuskulatur können dafür sorgen, dass Menschen bereits deutlich vor dem Seniorenalter unter Blasenschwäche leiden. Bei Frauen, die Kinder per Spontangeburt zur Welt gebracht haben, wird dabei der Beckenboden stark gedehnt, dadurch kann sich auch die Blase absenken oder der Winkel zur Harnröhre verändert sich. Wenn das Bindegewebe, das die Harnröhre einbettet und fixiert, mit zunehmendem Alter zudem schwach wird, kann ein starker Beckenboden in dieser Funktion aushelfen. Ist allerdings auch die Beckenbodenmuskulatur schlaff, tritt bei Belastung Urin aus. „Indem die Muskelschichten des Beckenbodens gestärkt werden, wird die Harnröhre in die richtige Position gebracht, außerdem wird der Schließmuskel gestärkt“, erklärt Dr. König. „Es ist sinnvoll, nicht erst mit der Beckenbodengymnastik zu beginnen, wenn das Problem da ist, sondern frühzeitig“, sagt Janssen. Frauen empfiehlt sie nach dem Entbinden im Rahmen der Rückbildungsgymnastik das Beckenbodentraining aufzugreifen und ins Leben zu integrieren. „Mit einer Beckenbodenmuskulatur, die durch regelmäßiges Training stark gehalten Dr. Carl-Günther König >>> „ Die häufigste Ursache für Inkontinenz ist der untrainierte Beckenboden und der lässt sich trainieren.”

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