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Esslinger Gesundheitsmagazin 21
Durch diesen besonderen Kontakt zur Patientin und ihren Ange-
hörigen können sie auf aktuelle Befindlichkeit und Belastung
eingehen. Offene Fragen beantworten und weitere Gespräche
anzubieten, gehört zum Aufgabenfeld einer Breast Care Nurse.
Wartelisten für Weiterbildung
„Das Interesse an Weiterbildungen ist bei unseren Pflegekräften
groß, es gibt sogar Wartelisten, da wir immer nur eine gewisse
Anzahl an Mitarbeitern zeitgleich freistellen können“, erklärt
Doris Rohrhirsch. Anders als in manch anderen Krankenhäusern,
werden in Esslingen die Pflegekräfte sogar während der zwei-
jährigen Weiterbildungen zu 100 Prozent für die Theoriestunden
freigestellt – können also die Weiterbildung gänzlich während
der Arbeitszeit absolvieren. Voraussetzungen dafür sind zwei
Jahre Berufserfahrung als examinierte Pflegekraft. „Außerdem
müssen die Anwärter zuvor mindestens ein halbes Jahr auf der
entsprechenden Station gearbeitet haben“, so die Pflegedirek-
torin. Nur so könne man beurteilen, ob die Pflegekraft wirklich
für die Weiterbildung geeignet ist.
Neue Arbeitsfelder entstehen übrigens gerade für die erste Gene-
ration der Absolventen des BA-Studiums der Angewandten
Gesundheitswissenschaften in der Pflege, die im Herbst dieses
Jahres mit ihrer Ausbildung fertig werden. „Wir werden noch
sehen, wie wir sie einbinden können“, sagt Doris Rohrhirsch, „auf
jeden Fall soll es hier eine Verknüpfung von Wissenschaft und
Praxis geben.“ Die Krankenpflege befindet sich imUmbruch. „Das
ist aber eben das Spannende, dass sich unser Berufsstand so
verändert.“
kw
Beispiel Breast Care Nurse:
Mehr Zeit für Beratung
Gabi Kisselmann arbeitet seit 2012 als Breast Care Nurse im
Brustzentrum des Klinikums Esslingen. Bereits 2007 hatte sie
die Weiterbildung in Onkologie abgeschlossen. „Wir kümmern
uns um alle Frauen mit der Diagnose Brustkrebs“, erzählt sie. Sie
teilt sich die Aufgabe mit Siegrun Seiter, die ebenfalls die Wei-
terbildung absolviert hat. Die beiden Brustspezialistinnen bera-
ten die Patientinnen ausführlich und begleiten sie sowie ihre
Angehörigen gemeinsam mit dem Ärzteteam während der
Behandlungsphase. Vor onkoplastischen Operationen zeigen sie
anhand von Fotos wie bestimmte Techniken aussehen, damit
sich die Patientinnen diese besser vorstellen können, um dann
mit dem Operateur das individuelle Vorgehen zu besprechen.
„Wenn nach einer Brustoperation eine spezielle Versorgung
benötigt wird, stellen wir den Kontakt zum Sanitätshaus her.“
Sie versorgen die Betroffenen mit einer umfangreichen Infor-
mationsmappe, die sie stets mit aktuellsten Erkenntnissen pfle-
gen. Außerdem informieren die Breast Care Nurses über alle
Angebote, die den Patientinnen in Esslingen und Umgebung zur
Verfügung stehen. „Wir stellen noch während des Aufenthaltes
einen Kontakt zu einer der beiden Esslinger Selbsthilfegruppen
her“, erzählt Gabi Kisselmann.
Die Breast Care Nurses betreuen die Patientinnen auch nach der
Operation. Sie beraten zu Fragen der Wundversorgung, bei
schwierigen Wundverhältnissen wird eine Wundmanagerin hin-
zugezogen. Sie klären auf, wie und wo die Nachsorge stattfin-
det. „Bei immer kürzeren Liegezeiten ist es wichtig, dass die
Betroffenen genau wissen, wo sie sich im Anschluss an die sta-
tionäre Behandlung hinwenden können.“ Auch wenn eine Che-
motherapie durchgeführt werden muss, werden nach der Auf-
klärung durch den Arzt noch weitere Fragen zu Nebenwirkungen,
Portanlage und auch zum Thema Perücke beantwortet. „Wir
vermitteln und koordinieren, wenn spezielle Unterstützung
erforderlich wird.“
„Die Pflege sollte
nie verlernen,
den Patienten in
seiner Gesamtheit
zu betrachten.“
Gabi Kisselmann (li.) und Siegrun Seiter betreuen Brustkrebspatientinnen
und schenken ihnen selbstgenähte Stoffherzen