1 2014
Esslinger Gesundheitsmagazin 35
Die moderne Medizin macht es möglich, dass Patienten
innerhalb weniger Tage nach einer Operation bereits wie-
der aus dem Krankenhaus entlassen werden können. Die
Kliniken sind für die Akutversorgung zuständig, von einem
Eingriff erholen kann man sich im Krankenhaus jedoch
nicht. Umso wichtiger ist es, dass die Versorgung zu Hause
gewährleistet ist. „Das aber ist leider nicht bei allen Pati-
enten der Fall“, sagt Doris Rohrhirsch, Pflegedirektorin des
Klinikums Esslingen. Gerade auch bei Patienten, die nach
einer Erkrankung oder Verletzung längerfristig hilfs- oder
pflegebedürftig bleiben, muss schnell Unterstützung orga-
nisiert werden.
Für manche Patienten kommt der Einschnitt mit der
Erkrankung ganz plötzlich. Um die Organisation der
Anschlussbehandlung, einer häuslichen Versorgung oder
einer Unterbringungen in einem Pflegeheim kümmert sich
im Krankenhaus der Sozialdienst. „Vor allem bei Alleinste-
henden schauen wir uns das Umfeld genau an, klären, ob
es Personen gibt, die sich im häuslichen Bereich um den
Patienten kümmern können“, sagt SozialdienstleiterinMar-
lene Hoffmann, „oftmals muss ein ambulanter Dienst ein-
geschaltet werden, der dann die pflegerischen und
behandlungsrelevanten Aufgaben übernimmt.“
Überleitungsbogen dokumentiert den
Status des Patienten
Damit das optimal klappt, hat die Pflegedirektion des
Esslinger Klinikums gemeinsam mit den nachsorgenden
Einrichtungen einen Überleitungsbogen erarbeitet. „Darin
sind alle relevanten Fakten enthalten, die die Pflegebe-
dürftigkeit des Patienten dokumentieren“, erklärt Doris
Rohrhirsch. Im Wesentlichen geht es darum, den Status
des Patienten möglichst genau zu beschreiben: seine Kom-
munikationsfähigkeit, Mobilität und den körperlichen Zu-
stand. „Außerdem ist es wichtig, weiterzugeben, in wieweit
der Patient sich selbst versorgen kann“, so die Pflegedirek-
torin, „kann er selbstständig essen, sich waschen, wie ori-
entiert ist er.“ Dazu kommen Informationen über Konti-
nenz, Wundversorgung, ob der Betroffene Gefäßzugänge
oder Katheter braucht, beatmet wird oder ein Stoma hat.
Einmal jährlich lädt das Klinikum sämtliche nachsorgenden
Einrichtungen aus Esslingen zu einem Treffen ein, 20 Ver-
treter waren Anfang 2014 gekommen. „Dieser Austausch
ist überaus wichtig und wird immer mehr wertgeschätzt“,
erklärt Doris Rohrhirsch. Denn hier haben die ambulanten
Einrichtungen die Möglichkeit, dem Klinikum eine Rück-
meldung zu geben, wie die Überleitung klappt, und eigene
Verbesserungen anzuregen. „Ein Beispiel ist, dass wir Pati-
enten, die am Freitag entlassen werden, genügend Medi-
kamente fürs Wochenende mitgeben, damit die Einlösung
der Rezepte erst am Montag erfolgen kann“, erzählt Doris
Rohrhirsch. Auch, dass die Dienste und Heime frühzeitiger
informiert werden, ob Hilfsmittel wie etwa ein Rollator,
ein Rollstuhl oder ein Pflegebett angeschafft werden müs-
sen, gehört zu den Ergebnissen des regelmäßigen Austau-
sches. „Von dieser Vernetzung profitiert in erster Linie der
Patient“, sagt die Pflegedirektorin. So könne der berühmte
Drehtüreffekt, bei dem der Patient aufgrund von fehlender
oder falscher Weiterversorgung in kurzer Zeit wieder ins
Krankenhaus muss, weitgehend verhindert werden.
Neben gemeinsamen Treffen verzahnt sich die stationäre
und ambulante Pflege auch zunehmend durch den Aus-
tausch der Mitarbeiter. „So schulen wir beispielsweise Pfle-
gekräfte der ambulanten Dienste etwa bei Neuerungen der
Wundversorgung und in anderen Handgriffen“, so Doris
Rohrhirsch. Es gäbe viele interessierte Dienste, die dieses
Angebot regelmäßig in Anspruch nehmen und sich etwas
Neues zeigen lassen. „Auf der anderen Seite müssen unsere
Auszubildenden eine Zeitlang im ambulanten Dienst arbei-
ten, um den Alltag dort kennenzulernen und ein Gespür
dafür zu bekommen, auf was man im ambulanten Bereich
seitens des Krankenhauses angewiesen ist.“
Patienten sollten sich Gedanken machen
Eine optimale Patientenüberleitung von stationär nach
ambulant erreicht das Klinikum auch durch standardisierte
Prozesse. So sind Aufnahmephase, Versorgung und Ent-
lassphase streng geregelt. „Dazu gehört zum Beispiel auch,
dass bereits in den ersten 24 Stunden nach Aufnahme das
Entlassmanagement eingeleitet wird“, sagt Doris Rohr-
hirsch. Gerade das stößt bei den Patienten aber häufig auf
Unverständnis. „Kaum hier angekommen, werden sie schon
mit ihrer Entlassung und Weiterversorgung zu Hause kon-
frontiert.“ Aufgrund von immer kürzen Liegezeiten von
durchschnittlich sechs Tagen bleibt der Pflege aber nichts
anderes übrig. „Für uns ist es immer eine große Erleichte-
rung, wenn die Patienten oder ihre Angehörigen sich
bereits Gedanken über den Fall einer Hilfs- oder Pflegebe-
dürftigkeit gemacht haben“, sagt die Pflegedirektorin.
Doch manchen trifft die Situation aus heiterem Himmel.
„Ich kann gut verstehen, dass das für viele Menschen ein
Tabuthema ist, aber es ist außerordentlich wichtig, sich im
Klaren darüber zu sein, wie und von wem man in solch
einem Fall versorgt werden möchte“, so Doris Rohrhirsch.
„Ich rate deshalb jedem, mit seinen Angehörigen darüber
zu reden oder sich schon mal zu informieren, welche For-
men von pflegerischer Betreuung es gibt und was man sich
für sich selbst vorstellen kann.“
kw
„Von dieser Vernetzung
profitiert in erster Linie
der Patient.“