1 2015
Esslinger Gesundheitsmagazin 33
Keimfreie Spezialtechnik
Jährlich werden im Klinikum etwa 8.700
Eingriffe mit hochspezialisierten Instru-
menten durchgeführt. Deren Aufberei-
tung ist aufwendig und beginnt bereits im
OP: Sobald endoskopische Instrumente
oder Klemmen nicht mehr benötigt wer-
den, werden sie in einen 60 Zentimeter
langen Aluminiumcontainer gepackt, das
Sieb. „Die ZSVA ist für die Siebe verant-
wortlich. Steril, vollständig, technisch ein-
wandfrei müssen sie sein“, so die Fach-
frau.
Mit einem separaten Aufzug gelangt das
Sieb aus dem OP in einen Extraraum, den
„Unreinen Bereich“ der ZSVA. Er ist eine
Kombinationszone aus sterilen und nicht-
sterilen Raumanteilen. Die Trennung
geschieht durch eine dicke Stahlwand, in
die mehrere Hochleistungsreinigungs-
und Desinfektionsmaschinen eingebaut
sind. „Im Unreinen Bereich entpacken wir
die Siebe, zerlegen die Instrumente, reini-
gen mit Ultraschall vor.“ Danach beginnt
die thermische und enzymatische Reini-
gung und Desinfektion. Dazu wird das
Sieb in der Unreinen Zone in die Reini-
gungsmaschine geschoben und nach
anderthalb Stunden, auf der anderen
Seite, im Reinen Bereich entnommen.
Jetzt beginnt Expertenarbeit: Die gerei-
nigten Instrumente müssen gecheckt
und sortiert werden, für anstehende OPs
gilt es, Siebe zu packen. Dazu geht es an
den Packtisch mit Monitor. Per Klick
erscheint auf dem Bildschirm eine Sieb-
Inventarliste. Zu sehen sind Darstellun-
gen der Instrumente in ihren Einzelteilen.
Die endoskopische Tupferzange beispiels-
weise wird aus fünf Elementen zusam-
mengesetzt. Die ZSVA-Mitarbeiter ken-
nen sie alle aus dem Effeff: „Mit der
medizintechnischen Entwicklung wächst
die Instrumentenanzahl rasant. Anfang
der 1980er hielt die Schlüsselloch-Chi
rurgie Einzug, jetzt kommen Roboter-
technologien“, berichtet die ZSVA-Leite-
rin. Die Arbeit in ihrer Abteilung ist sehr
anspruchsvoll – fortlaufende Fortbildun-
gen und volle Konzentration sind wesent-
lich, um hier keine Fehler zu machen:
„Wir reinigen, desinfizieren, sterilisieren,
pflegen und prüfen auf Unversehrtheit
und Funktion alle Medizinprodukte in den
Sieben bevor sie in den OP gelangen.“
Das am Packtisch zusammengesetzte
Sieb wird dann in einen der vier Sterilisa-
toren geschoben. Heißer Wasserdampf
von 121 oder 134 Grad Celsius bei hohem
Druck tötet hierin krankheitserregende
Mikroorganismen ab. „Für Medizinpro-
dukte, die dabei kaputt gehen könnten,
haben wir einen Plasma-Sterilisator zur
Verfügung“, so die Fachfrau. Nach der
Sterilisation bleibt das Sieb bis zur OP fest
verplombt verschlossen. Ein separater
Aufzug befördert das Sterilgut später
direkt in den OP.
Saubere Sache
Auch der Operationssaal selbst hat als
Funktionsraum besondere Hygienevor-
schriften. Zuständig für ihn und die
Unterhaltsreinigung aller Klinikumsge-
bäude ist das rund 70 Personen große
SGS-Reinigungsteam unter der Führung
von Brigitte Letzner: „Wir haben insge-
samt 63.000 Quadratmeter Grundreini-
gungsfläche mit vielen Spezialaufgaben“,
erklärt sie. Auch in ihrem Bereich ist Qua-
lifikation gefragt. Denn die fachgerechte
Reinigung des OP-Saals ist anders, als die
des Kreissaals. Die Scheuer-Wisch-Des-
infektion ist beispielsweise eine Spezial-
aufgabe, die geschult wird: „Klinikreini-
gung und das Putzen zu Hause sind ein
Riesenunterschied!“
Im Rahmen der freiwilligen Umstruktu-
rierung wurde auch die Aufbereitung der
Reinigungstextilien zentralisiert. 3.000
Bodenwischbezüge und 2.000 Mikrofa-
sertücher sind seitdem täglich zu waschen
und das System der Raumtrennung durch
Waschgeräte hielt bei Brigitte Letzner
Einzug. Im linken Waschraum liegen nun
benutzte Putzlappen, im Rechten parken
Putztrolleys, bepackt mit frischen Lap-
pen. In die Wand zwischen den Wasch-
räumen sind Spezialwaschmaschinen ein-
gelassen. „Wir hatten drei Monate Zeit,
bis dahin wollten wir ein neues Reini-
gungssystem. Mit ihm waren wir von
Anbeginn so erfolgreich, dass wir sogar
in einem Fachmagazin portraitiert
wurden“, berichtet Brigitte Letzner.
Das neue System ist simpel und
doch genial: Die Reinigungskräfte
holen sich zu Arbeitsbeginn um
6 Uhr Putzwagen ab, die mit vorbe-
reiteten Mops und Lappen bestückt
sind. Rote, gelbe und blaue Mikrofaser-
tücher sind in den Schubladen der
Wagen zu finden. Rot ist für Toiletten,
gelb für Waschbecken und die blauen
Tücher für alle anderen Oberflächen.
Wisch-Sets – je nach Einsatzplan des
Trolleys – sind vorgepackt. Der Clou an
dem System ist, dass die bunten Tücher
mit der jeweiligen Dosis an Desinfek-
tions-, Reinigungs- und Waschmittel
vorgetränkt sind. Eine wichtige Fehler
quelle wurde damit minimiert, da das
Dosieren nicht mehr von den Mitarbei-
tern entschieden wird, sondern von den
Waschmaschinen in der Wand. Sie prä-
parieren die Textilien vor. Dazu sind sie
an eine Pumpanlage angeschlossen, die
für jeden roten, gelben oder blauen
Waschgang, die notwendigen Mittel ins
Waschwasser pumpt: „Früher kippte
jeder Desinfektionsmittel nach Gusto in
den Eimer. Heute nehmen wir einen der
Lappen aus dem Fach und legen los.“
Bernd Ulrich ist stolz auf die Systemati-
sierung der SGS: „Wir können unseren
Patienten und Kunden das Maximum an
Sauberkeit und Hygiene garantieren.“
kl
„Unser Hygieneanspruch geht
weit über die gesetzlichen
Bestimmungen hinaus.“
„Sieb“ heißt die Zusammensetzung von
Instrumenten für eine Operation, weil sie
in Metallsieben sterilisiert werden