26
Esslinger Gesundheitsmagazin
1 2013
>>>
Lunge lässt sich nicht mehr zurückbilden“,
sagt Dr. Faehling. Es gibt keine wissen
schaftlichen Ansätze, wie dauerhaft ver
engte Bronchien oder zerplatzte Lungen
bläschen sich wieder regenerieren
könnten. Dennoch können die Patienten
bei einer rechtzeitigen Diagnose, einer
entsprechenden Therapie und einer dau
erhaften Abstinenz vomGlimmstängel ein
normales Leben führen. Viele niedergelas
sene Lungenfachärzte bieten spezielle
Patientenbetreuungsprogramme an. Auch
Trinajstic-Schulz bietet ein solches soge
nanntes DMP (Disease-Management-
Programm) für COPD-Patienten an. „Pati
enten werden intensiv betreut und
nehmen an mehreren Schulungen teil, die
sich mit der Lunge beschäftigen“, sagt der
niedergelassene Pneumologe. Das sei sehr
wichtig, um die Krankheit zu verstehen
und richtig damit umzugehen. Jedes halbe
Jahr wird ein Lungenfunktionstest durch
geführt.
Die Lungenkrankheit COPD ist weltweit
die Volkskrankheit mit der vierthöchsten
Todesrate und eine der wenigen, die
zunimmt. In Deutschland, so die Schät
zungen, sind fünf Millionen Menschen
betroffen, wobei die Krankheit mit stei
gendem Alter immer häufiger auftritt.
„Unter 50 Jahren ist es eher selten“, sagt
Dr. Faehling. Eine Ausnahme bilden Pati
enten, die an einem Alpha-1-Antitrypsin-
Mangel leiden. „Das ist eine genetische
Veranlagung, die dazu führt, dass COPD
bereits in früheren Jahren entsteht und
das auch bei Patienten, die nie geraucht
haben.“
Rauchen vermeiden
„Natürlich gibt es Raucher, die nicht emp
fänglich für die schädlichen Wirkungen
des Tabaks sind“, ergänzt Trinajstic-
Schulz, „ebenso wie es auch Menschen
treffen kann, die nie geraucht haben.“
Auch ein schlecht behandeltes Asthma
könne zu einer COPD mutieren. Fakt ist
dennoch: Neun von zehn COPD-Patienten
sind Raucher. Der beste Schutz gegen die
Lungenkrankheit ist somit, gar nicht erst
mit dem Rauchen anzufangen.
Dr. Faehling engagiert sich deshalb seit
Jahren für das Projekt „ohne kippe“ (siehe
Infokasten unten). „In meinen Augen
wäre eine dreifache Preiserhöhung für
Zigaretten, wie es sie in anderen Ländern
gibt, das beste Mittel“, sagt er. Doch die
Tabaksteuer scheint zu wichtig, als dass
man auf diese Einnahmen verzichten
wollte. Somit ist es offenbar politisch
nicht gewollt, dass allzu viele Menschen
das Rauchen aufgeben. Immerhin: Das
Rauchverbot in Gaststätten und Schulen
vor einigen Jahren hat dazu geführt, dass
Rauchen mittlerweile als „uncool“ gilt.
Laut einer Studie der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung rauchten
2001 noch 28 Prozent der 12- bis 17-Jäh
rigen. 2010 waren es noch 12,9 Prozent,
2011 sogar weniger als 12 Prozent.
Gleichzeitig verdoppelte sich in dieser
Altersgruppe nahezu der Anteil derjeni
gen, die noch nie in ihrem Leben geraucht
haben, von 40,5 auf 70,8 Prozent. „Den
Effekt dieses Sinneswandels werden wir
erst in 20 bis 30 Jahren erleben“, sagen
beide Lungenärzte. Kann gut sein, dass
COPD dann von einer Volkskrankheit wie
der zu einer seltenen Erkrankung wird.
kw
Bruno Trinajstic-Schulz
Arzt für Lungen- und
Bronchialheilkunde, Allergologie
Schelztorstraße 6
73728 Esslingen
Telefon 0711 359565
Dr. Martin Faehling
Arzt für Innere Medizin, Pneumologie
und Kardiologie
Oberarzt der Klinik für Kardiologie,
Angiologie und Pneumologie
Leitender Arzt der Pneumologie
Telefon 0711 3103-2402
Ein erhobener Zeigefinger und mahnende
Worte allein reichen meist nicht, um
Jugendliche vomGriff zur Zigarette abzu
halten. Das Klinikum Esslingen greift des
halb zu drastischeren Mitteln: Das für
Schulen angebotene Präventionspro
gramm „ohne kippe“ arbeitet mit abschre
ckenden Bildern von den Folgen des Rau
chens. So wird in dem rund eineinhalb
stündigen Programm zuerst ein Vortrag
über das Tabakrauchen und die damit ver
bunden Krankheiten gehalten und dann
ein Video einer Lungenspiegelung (Bron
choskopie) bei einer Lungenkrebspatien
tin gezeigt. „Beides enthält ganz bewusst
auch Schockbilder, die die Schüler in der
Regel nicht unberührt lassen“, sagt Dieter
Bassauer, der die Veranstaltung koordi
niert. Und auch der dritte Programm
punkt hat es in sich: Ein Patient mit Lun
genkrebs und ein beinamputierter Patient
erläutern im persönlichen Gespräch ihre
„Raucherkarriere“ und die daraus ent
standene Leidensgeschichte.
Die Aktion „ohne kippe“ wird seit Ende
2006 angeboten, rund 8.500 Schüler
haben bisher daran teilgenommen, wobei
vor allem Schüler der 7. und 8. Klassen
angesprochen werden. „ohne kippe“ fin
det einmal im Monat im Klinikum Esslin
gen statt, Platz ist jeweils für rund 130
Schüler. Schulen, die an einer Teilnahme
Interesse haben, können sich an Dieter
Bassauer wenden, unter
Präventionsprogramm
„ohne kippe“