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1 2017

Esslinger Gesundheitsmagazin 25

Weichteilbrüche sollten in der Regel operiert werden, denn

sie bilden sich nicht mehr zurück und haben die Tendenz, grö-

ßer zu werden und Beschwerden zu verursachen. Wird heute

ein Bruch diagnostiziert, entscheiden die Mediziner zusam-

men mit dem Patienten, welche Art der Operation sinnvoll ist.

„Es wird zwischen offenen und minimalinvasiven Operationen,

der sogenannten Schlüsselloch-Operation, unterschieden.

Sofern es der Gesundheitszustand und die Krankengeschichte

des Patienten erlauben, wird minimalinvasiv operiert“, sagt

Professor Staib. Offene Ope-

rationen werden meist nur

dann angewandt, wenn im

Bauchraum erhebliche Ver-

wachsungen des Gewebes

oder der Organe vorliegen.

Was beide Vorgehensweisen

eint, ist der Einsatz von Net-

zen, um den Bruch zu ver-

schließen. Das sogenannte

Verfahren nach Lichtenstein

wird bei offenen Operatio-

nen angewendet und ist seit

langem Standard. Vorteil

die s er Methode is t die

vergleichsweise niedrige

Schmerzempfindlichkeit

nach dem Eingriff.

Die Netze werden vom Chi-

rurgen auf die Bruchpforte

gelegt und mit dem Bauch-

fell vernäht. Zu allergischen Reaktionen oder Abstoßungen

kommt es in der Regel nicht. „Was aber nach dem Einsetzen

des Netzes immer wieder vorkommen kann, ist eine soge-

nannte Wundwasserbildung (Serom). Das ist aber eine natür-

liche Reaktion des Körpers, denn es wird ein Fremdkörper in

den Organismus eingebracht. Mit der Zeit bildet sich das

Gewebswasser zurück.

Kaum Risiken zu erwarten

Netze gibt es in unterschiedlichen Formen. Neben dem klas-

sischen, viereckigen oder ovalen Netz gibt es auch Leisten-

bruch-Netze in anatomisch gerechter 3D-Form, die sich der

Bruchpforte gut anpassen. Für kleine Nabelbrüche gibt es

ringverstärkte Spezialnetze. Sie bestehen aus einem kleinen

Tellerchen, an dem eine Schlaufe befestigt ist. Dieses Teller-

chen ist groß genug, um den Bruch zu verschließen. Kommt

es beim Patienten künftig zu Druckaufbau durch Husten oder

Bauchpresse, wird der Druck im Inneren dank des Tellerchens

breitflächig verteilt und die gebrochene Stelle bleibt stabil

verschlossen. Bei einer minimalinvasiven Operation wird in

Narkose durch einen kleinen Bauchdecken-Schnitt zunächst

die Bauchhöhle mit CO2 druckkontrolliert aufgefüllt. Über

weitere kleine Schnitte werden eine Minikamera und die Ope-

rationsinstrumente in die Bauchhöhle eingeführt. Die Bilder

der Kamera werden dem Operateur auf Bildschirmen ange-

zeigt, so dass er die Instrumente problemlos steuern kann.

„Dabei können wir inzwischen auf die Video-3D-Technologie

zurückgreifen. Das OP-Team trägt dazu 3D-Brillen, man kann

es sich also vorstellen wie im Kino. So erlangen wir einen

guten Überblick, wie der Bruch aussieht und wie wir ihn sta-

bil versorgen können“, berichtet der Professor. Für den Pati-

enten ist das Verfahren sehr schonend.

„Unsere operativen

Methoden sind inzwi­

schen so perfektioniert,

dass durch relativ

wenig Aufwand und mit

geringem Risiko eine

Hernie gut behandelt

werden kann.“

Klinikum Esslingen

Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie

Chefarzt Professor Dr. Ludger Staib

Telefon 0711-3103-2601

l.staib@klinikum-esslingen.de

Risiken bestehen bei beiden Operationsvarianten kaum mehr.

Die Verfahren sind inzwischen jahrelang erprobter und

bewährter Standard. In manchen Fällen sind dennoch Kompli-

kationen nicht auszuschließen, über die der Patient vor der

Operation ausführlich aufgeklärt wird. „Es ist möglich, dass es

zu einem Rezidiv, also einer Wiederkehr des Bruches, kommt.

Auch kann es vorkommen, dass der Patient noch eine Weile

unter Leistenschmerzen leidet, die ernst genommen, abgeklärt

und behandelt werden müssen“, ergänzt Professor Staib.

Untersuchungen durch das

Klinikum Esslingen haben

aber ergeben, dass nur bei

knapp neun Pr ozent der

Patienten nach Abschluss

der Behandlung chronische

Schmer zen auf treten. In

lediglich sieben Prozent der

Fälle kam es zu einem Rezi-

div. Im Umkehrschluss heißt

das, dass die große Mehrheit

der Patienten mit einem Leis-

tenbruch nach dem Eingriff

wieder beschwerdefrei die

gewohnten Alltagstätigkeiten

verrichten kann. Wichtig ist

jedoch, dass der Patient die

Anweisungen des Arztes nach

der Operation genau befolgt.

Wer beispielsweise zu früh

mit schwerer körperlicher

Arbeit beginnt, erhöht das

Risiko auf ein Rezidiv.

Jeder kann von einem Bruch betroffen sein. Vorbeugende Mög-

lichkeiten gibt es nicht. „Menschen, die unter starkem Über-

gewicht oder extrem schwachem Bindegewebe leiden, sind

jedoch häufiger betroffen“, so Professor Staib.

fw

Während der Operation tragen die Chirurgen 3D-Brillen