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1 2016

Esslinger Gesundheitsmagazin 35

Woran erkennt man

eine gute Studie?

Wenn man ein Krankenhaus gefunden hat, das

medizinische Studien durchführt, sollte der

Patient auf drei Punkte achten:

• Wie viele Studien werden für die jeweilige

Erkrankungen angeboten?

• Nimmt das Krankenhaus regelmäßig an

Studien teil? Denn je mehr Erfahrung die

Ärzte mit Studien haben, desto besser ist

in der Regel die Behandlung.

• Wie viele Publikationen haben die Ärzte

veröffentlicht? Wie stark sind sie wissen-

schaftlich aktiv?

All diese Informationen sollten auf der Home-

page der Klinik zu finden sein.

>>>

Wissenschaftler sind an Fortschritt interessiert und treiben ihn

voran. Professor Dr. Michael Geißler, Chefarzt der Klinik für All-

gemeine Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastroente-

rologie und Infektiologie am Klinikum Esslingen, ist so ein Wis-

senschaftler. Der Mediziner initiiert deshalb immer mehr

sogenannte IIT-Studien. „Das besondere an diesen Studien ist,

dass der Wissenschaftler eine Idee hat und deshalb eine Studie

startet“, sagt Professor Geißler. Anders als bei Medikamenten-

studien, die von Pharmafirmen gemacht werden, ist der Wissen-

schaftler nicht von ökonomischen Interessen geleitet.

Ärzte, die eine IIT-Studie initiieren, sind häufig Mitglied in wis-

senschaftlichen Gremien und Organisationen, haben für ihr

Fachgebiet die medizinischen Leitlinien mitverfasst und besitzen

ein großes wissenschaftliches Renommee. Neben Professor

Geißler sind das am Klinikum Esslingen auch Professor Dr. Mat-

thias Leschke, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und

Pneumologie, und Professor Dr. Thorsten Kühn, Chefarzt der

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

Die Fachgesellschaften prüfen die

Qualität einer Studie

Bevor aus einer Idee eine wissenschaftliche Studie werden kann,

sind einige Hürden zu nehmen. Zunächst wird die Idee erst ein-

mal in den Gremien der Wissenschaftsorganisationen diskutiert.

Im Fall von Professor Geißler sind das die Deutsche Krebsge-

sellschaft (DKG) und die Arbeitsgemeinschaft Internistische

Onkologie (AIO). „Es ist ein gutes Zeichen, wenn die wissen-

schaftlichen Mitglieder der Fachorganisationen, z.B. die Leit-

gruppe Darmkrebs der AIO sich entschließt, die Studie zu unter-

stützen“, sagt der Onkologe. Nicht nur um eine Finanzierung

der Studie zu erlangen. Denn ein AIO-Label als Zeichen der

Unterstützung der Fachgesellschaft ist ein Zeichen für die hohe

wissenschaftliche Qualität der Fragestellungen, die in der Stu-

die untersucht werden soll, aber natürlich auch für die beson-

dere Reputation des Mediziners. So wie Erkenntnisse über

Brustkrebs, die Professor Kühn vor einigen Jahren in einer Stu-

die mit 1.100 Teilnehmerinnen gewonnen hat. „Noch vor 15

Jahren wurden bei einer Brustkrebs-OP alle Lymphknoten aus

den Achselhöhlen entfernt“, sagt der Gynäkologe. In der Studie

konnte gezeigt werden, dass ein operativer Eingriff genauso

wirkungsvoll ist, wenn man nur die sogenannten Wächter-

lymphknoten, anstelle aller Lymphknoten, entfernt.

Ärzte wollen Leben retten und suchen

immer neue Wege, um ihre Patienten zu

heilen. Medizinische Studien sind dabei

ein wichtiger Beitrag. Bei ihrer Forschung

müssen sich die Ärzte an gesetzliche Vor­

gaben halten – der Schutz des Patienten

ist oberstes Gebot.

In Studien können verschiedene Operationsmethoden vergli-

chen, aber auch neue Medikamente gegen die standardisierten

Mittel getestet werden. „Wir nennen das randomisierte-Pla-

cebo-kontrollierte-Studien“, sagt Professor Geißler. Die Patien-

ten werden dabei zufällig in die zwei verschiedenen Gruppen

eingeteilt. In der Fachsprache nennt man das Randomisierung.

Beispielsweise erhält der eine Patient die Standardtherapie plus

das neue Medikament, während andere die Standardmedika-

tion und eine Scheinmedikation, ein sogenanntes Placebo,

bekommen. „Keiner der Patienten weiß, in welcher Gruppe er

ist“. Wichtig ist, dass die Ziele der Studie vor Beginn klar defi-

niert sind und eine statistische Hypothese vorliegt, also z. B.

das Ziel einer Verbesserung des Gesamtüberlebens um 25 Pro-

zent und eine Verbesserung der Lebensqualität durch ein neues

Medikament.

Wer eine klinische Studie durchführen möchte, bewegt sich im

Rahmen von gesetzlichen Vorschriften, die den Patienten schüt-

zen sollen. Jede kontrollierte Studie in Deutschland muss vom

Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder

vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) genehmigt werden. Beide Behör-

den unterstehen dem Bundesgesundheitsministerium. „Wird in

der Studie Strahlentherapie eingesetzt, entscheidet auch das

Bundestrahlenschutzamt mit“, ergänzt Professor Geißler. Um

die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten, dürfen in Studien

nur Medikamente eingesetzt werden, die sich zuvor im Labor

und in Krankheitsmodellen bewährt haben. Ein zusätzlicher Bau-

stein der Patientensicherheit ist die GCP. GCP ist die Abkürzung

für Good Clinical Practice (zu Deutsch: „gute klinische Praxis“)

und bezeichnet international anerkannte, nach ethischen und

wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellt Regeln für die

Durchführung von Studien.

Gesetzlich vorgeschrieben ist zudem auch, dass für jede Studie

die Zustimmung einer Ethikkommission eingeholt werden muss.

„Die Ethikkommission prüft, ob der Nutzen für den