

20 Esslinger Gesundheitsmagazin
1 2016
behandelt, bei der antivirale Medikamente in hoher Dosierung
gegen den Herpes-Zoster eingesetzt werden. Endgültig zerstört
ist der Herpes-Zoster-Virus im Körper durch die Behandlung
allerdings nicht. Er ist nur wieder zurückgedrängt. „Dennoch
kommt es nur selten zu einer erneuten Erkrankung, weil unser
Immunsystem gegenüber dem Herpes-Zoster-Virus wieder
gestärkt ist.“
Eine starke Immunabwehr hält den Herpes-Zoster in Schach.
So gibt es inzwischen auch einen zugelassenen Impfstoff, der
bei Menschen über 50 die Abwehr gegen das Gürtelrose-Virus
stärken soll. Wie sinnvoll und wirksam die Impfung ist, wird
allerdings noch kontrovers diskutiert. „Die Ständige Impfkom-
mission des Robert Koch-Instituts hat bislang noch keine Impf-
empfehlung für Herpes-Zoster herausgegeben, und auch ich
bin derzeit noch eher zurückhaltend mit der Impfung“, sagt Dr.
Renner.
Neben der antiviralen Therapie, die den Gürtelrose-Virus wieder
zurückdrängt, müssen die begleitenden Beschwerden therapiert
werden. Die sehr unangenehmen Nervenschmerzen, die bei einer
Gürtelrose oft auftreten, werden mit unterschiedlich wirkenden
Schmerzmedikamenten behandelt. Neben klassischen Schmerz-
mitteln und Opioiden kommen dabei Medikamente zum Einsatz,
die zum Beispiel auch bei Epilepsie eingesetzt werden und die
Schmerzweiterleitung beeinflussen. „In vielen Fällen können wir
die Schmerzsymptome der Gürtelrose gut behandeln“, sagt
Hautärztin Dr. Renner. „Bei sehr komplexer Schmerzsymptoma-
tik überweisen wir die Patienten an speziell ausgebildete
Schmerztherapeuten.“
Post-Zoster-Neuralgie:
Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose
Ein Teil der Patienten leidet auch nach dem Abheilen der Gür-
telrose weiterhin unter zum Teil starken Schmerzen im Ausbrei-
tungsgebiet der von den Viren befallenen Nerven. Post-Zoster-
Neuralgie nennen Mediziner die Folgeerkrankung der Gürtelrose.
„Meist handelt es sich um einen brennend-bohrenden intensiven
Dauerschmerz oder auch kurz einschießende Schmerzen“, sagt
Karl Köhrer, Schmerztherapeut und Oberarzt der Klinik für Anäs-
thesiologie und operative Intensivmedizin im Klinikum Esslingen.
„Manche Patienten leiden auch unter einer erhöhten Berüh-
rungsempfindlichkeit, einer sogenannten Allodynie, und können
kaum Kleidung auf den betroffenen Hautstellen ertragen.“
Außerdem können Missempfindungen, wie „Ameisenlaufen“ und
Lähmungserscheinungen auftreten. „Die Post-Zoster-Neuralgie
ist die häufigste Komplikation nach einer Gürtelrose und betrifft
„In besonders schweren, chro-
nischen Fällen kann auch
Capsaicin, der extrem scharfe
Wirkstoff der Chilipflanze,
verwendet werden.“
überwiegend ältere Patienten. Deren Lebensqualität kann durch
die Schmerzen stark eingeschränkt sein.“
Die Neuralgie entsteht nach der Gürtelrose durch eine Schädi-
gung der betroffenen Nervenfasern, was zu einer Überempfind-
lichkeit der Nerven führt. „Durch die ständigen Impulse der
geschädigten Nerven werden die Nervenzellen im Rückenmark
übersensibilisiert. Sie senden daraufhin fortlaufend Schmerz-
reize aus“, erläutert Oberarzt Köhrer. Je nach Schwere der Gür-
telrose und mit höherem Alter steigt die Zahl der Patienten, die
eine Post-Zoster-Neuralgie entwickeln. Bei rund zwölf Prozent
der Patienten dauern die Nervenschmerzen länger als 90 Tage
an. Zwei bis fünf Prozent leiden mehr als ein Jahr, bis die Schmer-
zen abklingen. Im schlimmsten Fall werden sie chronisch.
Auch die Schmerzen der Post-Zoster-Neuralgie werden mit
einem Medikamentenmix behandelt, der vom Schmerzthera-
peuten individuell auf jeden Patienten abgestimmt wird. „Opi-
oide und entzündungshemmende Medikamenten, die sogenann-
ten nichtsteroidale Antirheumatika, können die neuropatischen
Schmerzen beeinflussen“, erklärt Karl Köhrer. Bewährt haben
sich außerdem Medikamente, die eigentlich gegen Krampfan-
fälle verordnet werden. Sie verringern die anfallsartigen ein-
schießenden Schmerzattacken. Pflaster mit lokalen Betäubungs-
mitteln können die Übererregbarkeit der geschädigten Nerven
reduzieren, berichtet der Schmerztherapeut. In besonders
schweren, chronischen Fällen kann auch Capsaicin, der extrem
scharfe Wirkstoff der Chilipflanze, verwendet werden. „Capsai-
cinhaltige Pflaster können die übererregten Nerven für Monate
schädigen, so dass sie keine Impulse mehr aussenden.“ Darüber
hinaus helfen manchen Patienten auch Physiotherapie,
Umschläge und Akupunktur. Ablenkung und Entspannungs-
techniken wie progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen und
autogenes Training oder Biofeedback, Psychotherapie und
Schmerzbewältigungstrainings können ebenfalls dabei unter-
stützen, mit den dauernden Schmerzen zu leben.
so
>>>
Klinikum Esslingen
Klinik für Anästhesiologie und
operative Intensivmedizin
Schmerztherapie
Karl Köhrer
Telefon 0711 3103-3002
k.koehrer@klinikum-esslingen.deHautarztpraxis
Dr. Regina Renner
Katharinenstraße 33
73728 Esslingen
Telefon 0711 352550
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esslingen.de