

1 2017
Esslinger Gesundheitsmagazin 39
Dass die Erweiterung und Modernisierung
der Stroke Unit der Klinik für Neurologie
und klinische Neurophysiologie im Kli-
nikum Esslingen dringend geboten
war, zeigen allein die aktuellen Zah-
len. Während 2015 in der bisherigen
Schlaganfalleinheit 866 Patienten
mit Verdacht auf Schlaganfall ver-
sorgt wurden, behandelte das Team
umNeurologie-Chefarzt Dr. Matthias
Reinhard im vergangenen Jahr 1.099
Patienten. Das entspricht einem
Zuwachs von knapp 27 Prozent. In der
neuen Stroke Unit stehen dafür ab Ende
März nicht nur zwei Überwachungsplätze
mehr, sondern auch eine modernere
Monitoring-Anlage zur Verfügung.
Zudem bietet die Station mehr Komfort
für die Patienten und bessere Arbeitsbe-
dingungen für die Mitarbeiter.
Knapp neun Monate regierten die Hand-
werker im Erdgeschoss von Haus 2, um
die neue Stroke Unit einzurichten. 1,9
Millionen Euro hat der Aus- und Umbau
gekostet, davon übernimmt das Land-
Baden-Württemberg 875.000 Euro.
Besonders bemerkenswert ist eine
Spende des Fördervereins proklinikum in
Höhe von 900.000 Euro, dank der es
gelungen ist, die Stroke Unit hochmodern
und für die Patienten angenehm und
komfortabel auszustatten.
Neben den zehn Überwachungsbetten
stehen der Schlaganfalleinheit ange-
Ein Gefäßverschluss
vernichtet im Schnitt
1,9 Millionen
Nervenzellen in der Minute.
schlossen vier Betten zur Weiterbehand-
lung zur Verfügung. Die damit 14 Betten
verteilen sich auf sieben Zimmer, die alle
mit eigener behindertengerechter Dusche
und WC ausgestattet sind. Arzt- und
Pflegedienstzimmer sowie ein Untersu-
chungsraum mit moderner Ultraschall-
Anlage komplettieren die neue Station.
Besonders stolz ist Schlaganfallexperte
Professor Reinhard auf das moderne
Monitoring-System, mit dem die Patien-
ten rund um die Uhr überwacht werden:
„Über das EKG, das mit einem speziellen
Algorithmus online permanent ausgewer-
tet wird, können wir Vorhofflimmern
noch besser bereits in der Frühphase
erkennen und so frühzeitig optimale
Schutzmaßnahmen vor neuen Schlagan-
fällen einleiten.“ Vorhofflimmern ist in 40
Prozent der Fälle Ursache eines Schlag-
anfalls, bleibt aber anfänglich oftmals
unerkannt, da es nicht ständig besteht.
Neu ist auch die erweiterte Zusam-
menarbeit der Esslinger Stroke Unit
und der Klinik für Diagnostische
und Interventionelle Radiologie
und Nuklearmedizin mit der
Neuroradiologie des Stuttgarter
Katharinenhospitals. Bei großen
Gefäßverschlüssen imGehirn nach
einem Schlaganfall entfernt ein
Spezialist aus Stuttgart zusammen
mit dem Esslinger Team umRadiologie-
Chefarzt Professor Dr. Stefan Krämer den
Thrombus mittels Katheter im Klinikum
Esslingen. „Aktuelle Studien haben
gezeigt, dass fünf bis zehn Prozent der
Schlaganfallpatienten, vor allem solche
mit sehr großen Gefäßverschlüssen, von
diesem neuen Verfahren, der sogenann-
ten Thrombektomie, profitieren. Deshalb
ist es gut, dass wir diese Behandlungsop-
tion nun auch bei uns im Haus anbieten
können“, so Professor Reinhard.
Wichtigste Therapie, speziell für die klei-
nen bis mittelgroßen Gefäßverschlüsse,
ist aber nach wie vor die intravenöse
Lysetherapie, bei der das Blutgerinnsel
über die Blutbahn mit einem speziellen
Medikament aufgelöst wird. Das funkti-
oniert aber nur dann erfolgreich, wenn
ein enges Zeitfenster zwischen Eintritt
des Schlaganfalls und Behandlungsbe-
ginn eingehalten wird. „Viereinhalb Stun-
den nach einem Schlaganfall
„Fast“
heißt das engli-
sche Wort für schnell –
und s chnell mus s e s
gehen bei einem Schlag-
anfall. Denn die Zeit zwi-
schen dem Schlaganfall
ereignis und dem Beginn
der Behandlung in einer
d e r s p e z i a l i s i e r t e n
Schlaganfalleinheiten ist
ent scheidend für die
gesundheitlichen Folgen.
Aus den USA kommt der
„FAST-Test “, mit dem
jeder Laie einen Schlag-
anfall-Verdacht innerhalb
weniger Sekunden prüfen
kann. FAST steht dabei
für Face (Gesicht), Arms
(Arme), Speech (Sprache)
und Time (Zeit):
Bitten Sie die Person zu
lächeln. Hängt ein Mund-
winkel? Das deutet auf
eine Halbseitenlähmung
hin.
Bitten Sie die Person, die
Arme nach vorne zu stre-
cken und die Handflächen
nach oben zu drehen. Bei
einer Lähmung ist die Per-
son dazu nicht in der
Lage.
Lassen Sie die Person
einen einfachen Satz
nachsprechen. Ist die
Stimme verwaschen oder
kann die Person den Satz
nicht korrekt nachspre-
chen, könnte eine Sprach-
störung vorliegen.
Trifft auch nur eines der
Symptome zu, wählen Sie
sofort die 112.
In die Stroke Unit! – So schnell wie möglich!
112
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