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2 2015

Esslinger Gesundheitsmagazin 39

„Manche Frauen haben eine

Endometriose, wissen es

aber nicht, weil sie keine

Beschwerden haben.“

Unterleibsschmerzen hatten Julia K.

schon seit vielen Jahren geplagt. Vor

allem während ihrer Periode waren sie

stärker. Außerdem wäre die 38-Jährige

auch gern endlich schwanger geworden

und hatte dafür in Rücksprache mit ihrer

Frauenärztin die schmerzlindernde Pille

abgesetzt. Aber es wollte einfach nicht

klappen mit der Erfüllung ihres Kinder-

wunsches. Ihre Frauenärztin riet ihr

schließlich, sich im Esslinger „Kinder-

wunsch-Zentrum“ von Dr. Emil Costea

vorzustellen. Der interessierte sich nach

ausführlicher Untersuchung vor allem für

ihre Unterleibsschmerzen und fragte

nach Art, Intensität und Ort der Schmer-

zen. Schließlich schickte er Julia K. ins

Endometriosezentrum des Klinikums Ess-

lingen. „Eine Endometriose ist häufig

Ursache für Unfruchtbarkeit“, erläutert

Dr. Costea. Wenn zudem als Symptome

Unterleibsschmerzen oder ungewöhnli-

che Blutungen auftreten, erhärtet das

den Verdacht.

Bei einer Endometriose wuchert Gebär-

mutterschleimhaut (medizinisch: Endo-

metrium) außerhalb der Gebärmutter-

höhle. Die Schleimhautzellen können sich

an den unterschiedlichsten Stellen im

gesamten Unterleib absiedeln. Die Medi-

ziner sprechen von Endometriose-Her-

den. Häufig finden sich die Absiedelun-

gen im Bereich des kleinen Beckens am

sogenannten Bauchfell (Peritoneum), das

sind und bei rund 40.000 Frauen in

Deutschland pro Jahr die Krankheit neu

entdeckt wird.

So wie bei Julia K., die im Endometriose-

zentrum der Esslinger Frauenklinik von

Oberärztin Dr. Miriam Vollmer unter-

sucht wurde. Nach einem ausführlichen

Anamnesegespräch führte sie eine gynä-

kologische Tastuntersuchung sowie eine

Ultraschall-Untersuchung durch. „Die

Art der Schmerzen, der bisher unerfüllte

Kinderwunsch und die Ergebnisse der

Untersuchungen lenken den Verdacht auf

das Vorliegen einer Endometriose. End-

gültige Gewissheit über Art und Ausmaß

der Endometriose kann aber erst eine

Bauchspiegelung, die sogenannte Lapa-

roskopie, ergeben, die in Vollnarkose

durchgeführt wird", so Dr. Vollmer. Durch

einen winzigen Hautschnitt im Bereich

des Bauchnabels führt der Arzt ein Inst-

rument mit Lampe und kleiner Videoka-

mera an der Spitze in die Bauchhöhle ein.

Die Bilder der Kamera zeigen die Organe

im Bauchraum und selbst kleinste Endo-

metriose-Herde können so aufgespürt

werden. Bei Julia K. war die Diagnose

sehr eindeutig: „Es zeigten sich viele, in

Größe, Form, Farbe und damit im Aktivi-

tätsgrad unterschiedliche Endometriose-

herde am Bauchfell, dem Peritoneum.

Neben Herden, die sehr oberflächlich

wachsen, fanden sich auch solche, die

sich in die Tiefe ausbreiten und dabei

Blase und Darm ummanteln. Zudemwur-

den bindegewebige Verwachsungen und

entzündliche Veränderungen im Bereich

der Eileiter entdeckt, die zu einem Ver-

schluss der Eileiter führten" berichtet Dr.

Vollmer.

den gesamten Bauchraum auskleidet und

alle Bauchorgane überzieht. Auch in der

Muskulatur der Gebärmutter oder an den

Eierstöcken können durch Endometriose

bedingte Veränderungen entstehen. Eher

selten finden sich die Gebärmutter-

schleimhautzellen auch direkt in oder an

der Blase und dem Darm. Dabei verhalten

sich die Schleimhautzellen außerhalb der

Gebärmutter genauso wie innerhalb: Die

Schleimhaut baut sich im Verlauf des

Monatszyklus auf und blutet mit der

Menstruation wieder ab. Dies kann im

Bauchraum, wo das Blut nicht abfließen

kann, Entzündungen verursachen, die zu

Narben und Verwachsungen führen.

Krankheitsbild

„Die Beschwerden der Frauen sind sehr

unterschiedlich ausgeprägt und oft

unspezifisch. Wir treffen auf Frauen mit

ausgedehnten Befunden, die aber keine

oder sehr geringe Beschwerden angeben

ebenso wie auf Frauen mit minimalen

Veränderungen, aber schweren Sympto-

men. Das macht die Abgrenzung zu ande-

ren Erkrankungen in der Praxis oft sehr

schwierig. Zudem ist die Ursache, Entste-

hung und Entwicklung dieser zweithäu-

figsten gutartigen gynäkologischen

Erkrankung weiterhin nicht endgültig

geklärt. Das führt in vielen Fällen dazu,

dass die Diagnose „Endometriose“ erst

Jahre nach dem Auftreten der ersten

Symptome gestellt wird“ erläutert Ober-

arzt Dr. Balázs Stenczer, Koordinator des

Endometriosezentrums im Klinikum Ess-

lingen.

Die Endometriose-Vereinigung Deutsch-

land schätzt, dass bei uns zwischen zwei

und sechs Millionen Frauen betroffen

Professor Dr. Thorsten Kühn, Chefarzt der Klinik für

Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Klinikum Esslingen

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