2 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 11
Team arbeiten Kardiologen des Klinikums mit Herzchirurgen der
Sana Herzchirurgie in Stuttgart zusammen. „Es gilt zu berück
sichtigen, welches Gefäß beteiligt ist, wie alt der Patient ist, wie
die Pumpfunktion des Herzens ist, welche Begleiterkrankungen
vorliegen“, zählt Professor Leschke auf. Insbesondere bei Diabe
tikern muss das Heart-Team abwägen. „80 Prozent unserer Pati
enten leiden an Diabetes“, so der Chefarzt, „die Hälfte davon
weiß es gar nicht.“ Dabei führt gerade Diabetes mellitus zu Fett
ablagerungen in den Gefäßen. Und: Die Betroffenen spüren
häufig trotz mehrerer Verengungen keine Beschwerden. Ihre
Nerven sind durch ihre Diabeteserkrankung so geschädigt, dass
sie die Schmerzsignale nicht mehr weiterleiten können. Oft
bemerken sie erst beim Herzinfarkt, dass etwas nicht stimmt.
Kommt das Heart-Team zum Ergebnis, dass eine Stent-Behand
lung nicht angezeigt ist, muss eine Bypass-Operation durchge
führt werden. Dabei wird möglichst eine Arterie aus der Brust
wand entnommen. Die Brustwandarterie wird jenseits der
Engstelle mit der Herzkranzarterie anastomisiert. ImHerzen ein
gesetzt bietet es eine Umleitung, dank der das Blut den blockier
ten Arterienabschnitt umgehen kann.
Bei Auftreten von Komplikationen im Rahmen des Herzinfarkts
stehen im Klinikum Esslingen moderne intensivmedizinische
Methoden, zum Beispiel der Einsatz einer mechanischen Kreis
laufunterstützung zur Verfügung. Auch im Falle eines Nieren
versagens ist auf der Intensivstation eine Nierenersatztherapie
gewährleistet. „Das gehört zum A und O der intensivmedizini
schen Herzinfarktversorgung“, erklärt Professor Leschke.
Selbst wenn diese Notsituation des vollständigen Herzstillstan
des überbrückt werden kann, ist die Gefahr eventueller Spätfol
gen nicht gebannt. In der Folgezeit sind Patienten anfällig für
die Ausbildung von chronischen Herzrhythmusstörungen oder
einer Herzschwäche, bei der die Pumpleistung des Herzens ver
ringert ist. Die Nachsorge obliegt dem ambulanten Bereich.
„Gerade bei den Medikamenten muss ich häufig nachjustieren“,
erklärt Dr. Ulrich Borst. Nebenwirkungen können den Patienten
stark belasten. Das größte Risiko bei einem aktuell implantierten
Stent ist, dass sich eine Thrombose des Stents bilden kann. Sechs
Monate müssen mehrere Medikamente eingenommen werden,
bis der Stent einheilt. Ein Herzkranker ist ein Dauerpatient, er
muss sein ganzes Leben mindestens Acetylsalicylsäure und
zusätzlich sogenannte Statine einnehmen, häufig kommen Beta
blocker hinzu und grundsätzlich eine nachhaltige Lebensstilän
derung. Ein Jahr nach Stentimplantation reicht oft eine jährliche
Kontrolle, wenn keine Beschwerden auftreten.
Wenn das Herz aus dem Takt kommt
Infolge eines Herzinfarkts (aber auch aufgrund anderer Störun
gen) kann das Herz aus dem Takt geraten. Dann kommt es zu
Unterbrechungen oder zusätzlichen Schlägen. Zu den häufigs
ten Herzrhythmusstörungen zählt das Vorhofflimmern. Charak
teristisch ist ein anhaltend unregelmäßiger, meist deutlich
beschleunigter Herzschlag. Vorhofflimmern kann in frühen Sta
dien durch Medikamente, elektrische Kardioversion („Elektro
schock“) oder eine sogenannte Katheterablation wieder in den
normalen Rhythmus, den Sinusrhythmus überführt werden. Lei
der tritt es häufig erneut wieder auf, so dass für die häufig sym
ptomatischen Patienten andere Therapieoptionen zur Anwen
dung kommen. Im Klinikum Esslingen gibt es mit Dr. Harald
Marschang einen Spezialisten, der die innovative Methode der
sogenannten Pulmonalvenenisolation besonders beherrscht. Das
Vorhofflimmern entsteht in den Einmündungen der Lungenge
fäße in den linken Vorhof (Pulmonalvenen). Die Ärzte führen
einen Katheter in den linken Vorhof und veröden dort die vor
hofnahe Muskulatur der Lungenvenen mittels Hochfrequenz
strom, um eine Weiterleitung der Impulse auf den Vorhof zu
80
Prozent
der Herzpatienten leiden
an Diabetes.
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Risiko Bluthochdruck
Bluthochdruck gehört zu den Hauptursachen für die Entste
hung von Herzerkrankungen. Denn je höher der Blutdruck
ist, desto kräftiger muss das Herz arbeiten, um das Blut in
Bewegung zu halten. Die Folgen sind Herzschwäche, Koro
nare Herzerkrankung bis hin zum Herzinfarkt. „Die Senkung
des Bluthochdrucks gehört deshalb zu den wichtigsten Maß
nahmen zur Vorbeugung von Herzerkrankungen“, sagt Pro
fessor Dr. Matthias Leschke, Chefarzt der Klinik für Kardio
logie, Angiologie und Pneumologie am Klinikum Esslingen.
Ernährungsumstellung und Medikamente sind die Mittel der
Wahl. Wenn trotz Standardtherapie der Blutdruck nicht
gesenkt werden kann, gibt es die Möglichkeit der Renalen
Sympathikusdenervation. Dabei werden Nervenzellen ent
lang der beiden Nierenarterien verödet – und können kör
pereigene Sympathikusstimulation und Katecholaminaus
schüttung unterbrechen, die zu einer Verengung der Blut-
gefäße führen. So können Ärzte Bluthochdruck auch im
Herzkatheterlabor behandeln. Allerdings: „Wir können das
nur Patienten anbieten, bei denen alle anderen Therapien
versagen“, erklärt Professor Leschke, „auf keinen Fall steht
die Behandlung Patienten zur Verfügung, die keine Medika
mente nehmen wollen, sondern Patienten, die trotz Ein
nahme von drei und vier blutdrucksenkenden Präparaten in
adäquater Dosierung keine ausreichende Blutdrucksenkung
erzielen.“