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Esslinger Gesundheitsmagazin
2 2013
auch gelöst: Heute wird er bei Operatio­
nen im Auge komplett entfernt und
durch Gas, Flüssigkeit oder Öl ersetzt, um
den Augeninnendruck aufrechtzuerhal­
ten und damit sich die Netzhaut nicht
ablöst. Wird Öl eingebracht, hat es aller­
dings einen weiteren Eingriff zur Folge,
da es – meist nach drei bis zwölf Mona­
ten – wieder operativ entfernt werden
muss. Gas dagegen wird innerhalb von
ein bis drei Wochen resorbiert und gegen
neu vom Körper produziertes Augenwas­
ser ausgetauscht.
Nahtlos und mit modernsten Klein­
schnitttechniken wird heutzutage auch
der graue Star (Katarakt) operiert. Der
Ersatz der getrübten Linse durch eine
künstliche Intraokularlinse ist mittler­
weile die am häufigsten durchgeführte
Operation in Deutschland: Wurden 1995
noch rund 400.000 Kataraktoperationen
durchgeführt, sind es jetzt doppelt so
viele. „Die Hälfte aller 70-Jährigen haben
heute schon einen solchen Eingriff hinter
sich“, so Dr. Weindler, für den die Opera­
tion des grauen Stars ein lohnenswerter
Eingriff ist: „Der Patient hat praktisch nur
Vorteile: Er sieht schnell wieder sehr gut,
hat also gleich eine bessere Lebensquali­
tät – und das ohne großes Risiko und
zurückbleibende Operationsspuren.“
Er und seine Kollegen gehörten zu den Ers­
ten, die vor einigen Jahren in der Katarakt­
chirurgie die Tropf-Anästhesie eingeführt
haben. Das erspart die Betäubungsspritze
und wirkt sehr schnell. Was er dagegen
nicht macht, ist die Behandlung des
grauen Stars mittels Laser: „Das dauert
länger und bringt mit den heute zur Ver­
fügung stehenden Lasergeräten keinen
operativen Vorteil. Erst wenn weitere Ver­
besserungen mit zukünftigen Lasergerä­
ten erreicht werden, kann die Laseropera­
tion des grauen Stars Vorteile haben.“
Durchgeführt werden die Eingriffe zur
Behandlung des grauen Stars heutzutage
weitgehend ambulant. Dass dennoch auch
immer wieder Katarakt-OPs in der Beleg­
klinik am Klinikum Esslingen stattfinden,
liegt auch an neuen Operationstechniken
in der Augenheilkunde: den Kombinati­
onseingriffen. „Operationen an der Netz­
haut werden, wenn möglich und sinnvoll,
mit Operationen des grauen Stars kombi­
niert“, erklärt Dr. Weindler, „das erspart
den Patienten einen weiteren Eingriff.“
Der graue Star trifft jeden
Zwölf Betten hat die Augen-Belegklinik
am Klinikum Esslingen, und sie sind in der
Regel mit älteren oder jüngeren Patienten
belegt. Das mittlere Alter fehlt. „Zwischen
15 und 55 passiert beim Auge nicht viel“,
sagt Dr. Weindler. Die Krankenkassen
bezahlen erst ab einer Sehschärfe unter
70 Prozent eine Katarakt-Operation.
Daher werden diese Eingriffe erst im
höheren Alter relevant. „Der graue Star
kommt bei allen Menschen unweigerlich,
das ist wie mit den grauen Haaren.“
Dass viele Kinder zu den Patienten der
Praxis-Klinik gehören, hängt mit der seit
vielen Jahren etablierten Sehschule der
Klinik zusammen. Schwerpunkt ist dabei
die Behandlung des Schielens. Diese Fehl­
stellung eines oder beider Augen sollte
möglichst in den ersten zwei bis drei
Lebensjahren behandelt werden, da sonst
ein funktionelles Schwachsehen entsteht.
„Durch das Schielen entsteht ein Doppel­
bild, mit dem das Kind auf Dauer nicht
zurechtkommt, so dass das Gehirn letzt­
endlich ein Auge abschaltet“, erklärt Dr.
Weindler. Dieses Stilllegen eines Auges
auf eine Restsehkraft von meist 20 bis 50
Prozent passiert in der Regel bis zum 6.
Lebensjahr. Die Therapie startet konser­
vativ über die gezielte Förderung des
schwachen Auges – etwa indem das stär­
kere Auge für eine gewisse Zeit abgedeckt
wird. Aber das hilft nicht immer: „Ab
einem bestimmten Schielwinkel hilft nur
eine Operation“, so der Augenarzt. Dabei
wird der Augenmuskel verlängert oder
verkürzt, bis die Bildüberlagerung kaum
mehr gegeben ist.
Weitere stationäre operative Behandlun­
gen bei Kindern gelten dem angeborenen
grauen Star oder der Frühgeborenenreti­
nopathie. Das ist eine Netzhauterkran­
kung bei Frühgeborenen, bei der sich im
„Der Patient hat nach der Operation des grauen
Stars praktisch nur Vorteile: Er sieht schnell
wieder sehr gut, hat also gleich eine bessere
Lebens­qualität – und das ohne großes Risiko
und zurückbleibende Operationsspuren.“
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Sechs Millimeter Durchmesser
hat die bei der Operation des
grauen Stars verwendete
Kunstlinse
An drei bis vier Tagen in der
Woche wird an der Augen-
Belegklinik am Klinikum
Esslingen operiert
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