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Esslinger Gesundheitsmagazin
2 2013
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Arthroskopische Sehnen-Rekonstruktion der Schulter:
a – Zug mit der Fasszange an der abgerissenen Sehne; b – Vorbe-
reitung für das Eindrehen eines Fadenankers am Oberarmkno-
chen; c – Fäden der beiden ersten Fadenanker werden durch die
abgerissene Sehne durchgeführt; d – Doppelte Sicherung der Sehne
durch zwei weitere Fadenanker im Knochen
bis die Betroffenen endlich zum Arzt
gehen – die Sportkarriere ist da vielleicht
schon längst beendet. Sehneneinrisse
an der Schulter etwa werden oftmals
erst spät entdeckt, da sie lange keine
Schmerzen verursachen können. Auch
die Gelenk­arthrose ist nicht selten eine
Spätfolge früherer sportlicher Aktivität.
Unter Umständen ist es dann für eine
kurative Behandlung zu spät. „Bei allen
Sportverletzungen ist es wichtig, recht­
zeitig zu kommen“, betont der Sportor­
thopäde. Sein Tipp: „Zügig zum Arzt sollte
man, wenn etwas dick angeschwollen ist
oder sogar eine Gelenkblockade besteht
und auch, wenn man sich einfach nur
unsicher ist.“ Denn mehrere Wochen mit
einer Fraktur herumzulaufen ist wenig
sinnvoll, da dann der Bruch eventuell fehl­
verwachsen ist. Dr. Ulmer kennt Profi­
sportler, die Zehenfrakturen weder dem
Trainer noch dem Teamarzt gemeldet
haben, aus Angst, an einem wichtigen
Wettkampf oder einer Meisterschaft
nicht teilnehmen zu dürfen.
Ist eine Sportverletzung diagnostiziert,
hat das nicht zwingend eine sofortige
Operation zur Folge. „Eine Ruptur des vor­
deren Kreuzbandes muss nicht sofort
operativ behandelt werden“, sagt Sport­
orthopäde Ulmer, „bei den meisten Ver­
letzungen kann ein reizfreier Zustand
abgewartet werden.“ Ist der Patient dann
sogar schmerzfrei, ist auch die Fortfüh­
rung der konservativen Behandlung in
manchen Fällen eine Option. „Oft ist aus­
reichend Zeit da, um erst einmal einen
konservativen Weg zu versuchen, selbst
Das PECH-Schema
Ist es dann doch passiert, dass das
Gelenk verdreht wurde und anschwillt,
hat Dr. Michael Ulmer einfache Regeln,
wie man am besten damit umgeht:
Bei offener Hautverletzung, die tiefer als
die einfache Hautabschürfung ist, sollte
(falls möglich) der grobe Schmutz mit
Wasser aus der Wunde ausgespült und
diese mit einem
sterilen Verband
(falls vorhanden)
abgedeckt wer­
den . E s s ollte
dann der direkte
Weg zum Arzt
folgen, um die
G e f a h r e i n e r
Infektion zu ver­
meiden.
Bei der typischen Sportverletzung mit
Knie- oder Knöchelanschwellung gilt
nach wie vor der einfache Weg des
„PECH-Schemas“: Pause, Eis, Compres­
sion und Hochlagern. Anschließend
sollte die Extremität bei der einfachen
Prellung wieder voll belastet werden
können. Ist dies nicht der Fall, ist auch
hier die zügige ärztliche Kontrolle rat­
sam.
Außerdem:
Gerade in Sportvereinen
sollte ein Erste-Hilfe-Koffer und ein ein­
fach zu bedienender vollautomatischer
Defibrillator mittlerweile zur Standard­
ausrüstung gehören.
bei Meniskusschäden ist dies möglich.“
Denn der Meniskus sei, anders als oft
behauptet, keine tickende Zeitbombe.
Konservativ, das heißt bei Sportverlet­
zungen: Physiotherapie, kurzfristige
Medikamentengaben, Schonung und eine
stetige Verlaufskontrolle.
Individuelle Entscheidung des
Behandlungsweges
Welcher Behandlungsweg letztendlich
gewählt wird, ist eine individuelle Ent­
scheidung. „Es gibt kein Rezeptbuch zur
Behandlung orthopädischer Erkrankun­
gen“, betont Dr. Ulmer, „wir versuchen
immer, dem Patienten verschiedene The­
rapieoptionen anzubieten.“ Viele Faktoren
spielen in diese Entscheidung mit hinein,
unter anderem eine eventuelle Vorbe­
handlung, das Alter des Patienten, wie
intensiv er Sport betreibt und ob er unbe­
dingt in seinen Sport zurück will. So kann
etwa ein künstliches Schultergelenk für
einen älteren Patienten mit starkem Arth­
roseschmerz durchaus sinnvoll sein, für
einen Basketballer, der weiterhin den Ball
im Korb versenken möchte, ist es sicher
keine Option.
Ist eine Operation unumgänglich, dann
gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
die offene Operation und die Arthrosko­
pie. Letztere ist eine endoskopische OP-
Methode, bei der sehr kleine Zugänge
zum Operationsfeld ausreichen. „Der Vor­
teil ist die schnellere Wundheilung, was
eine frühe Mobilisierung der Patienten
erlaubt“, sagt Dr. Ulmer, der sich auf die
arthroskopischen Verfahren spezialisiert
hat – und deshalb auch von Professor Dr.
Jürgen Degreif, dem Chefarzt der Unfall­
chirurgie und Orthopädie am Klinikum
Esslingen, geholt wurde, um als leitender
Arzt in der Klinik das Fachgebiet für
Sport­orthopädie und Arthroskopische
Chirurgie zu leiten.
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