

2 2015
Esslinger Gesundheitsmagazin 11
Erfolgreicher Protest
der Krankenhäuser?
„Kürzungen vom Tisch“ überschrieb die Deutsche
Krankenhausgesellschaft am 2. Oktober ihre Pres-
semeldung zu Änderungen, die nachträglich noch
am neuen Krankenhausstrukturgesetz vorgenom-
men worden waren. Was war passiert? Eine Kran-
kenhausreform sollte die Kliniken im Land fit
machen für die Zukunft. Die Behandlungsqualität
sollte verbessert, die Pflege gestärkt und die Kran-
kenhausfinanzierung auf solide Füße gestellt wer-
den. Eine Bund-Länder-Kommission hatte im Auf-
trag von Bundesgesundheitsminister Gröhe
daraufhin Reformpläne unter dem Titel Kranken
hausstrukturgesetz erarbeitet. Für die Krankenhäu-
ser in Deutschland und damit auch für das Klinikum
Esslingen war die geplante Reform in seiner
Ursprungsfassung ein Schock. Das Krankenhaus-
strukturgesetz hatte ganz offensichtlich das Ziel,
den Kostendruck auf die Kliniken zu erhöhen.
Der Entwurf für das neue Gesetz sah beispielsweise
vor, den Kliniken den sogenannte Versorgungszu-
schlag zu entziehen – ein Betrag von bundesweit
rund 500 Millionen Euro. Mehrbelastungen wie zum
Beispiel durch überproportional steigende Lohnkos-
ten sollten auch weiterhin nicht vergütet werden.
Dabei konnten auch bislang die Krankenhäuser nur
noch mit Rationalisierungen, Arbeitsverdichtung
und strengen wirtschaftlichen Vorgaben an Pflege-
kräfte und Ärzte das bislang hohe Leistungsniveau
Bernd Sieber,
Geschäftsführer des
Klinikums Esslingen
Eine vom Gesundheitsminister geplante Krankenhausreform hätte den Kostendruck
erhöht. Nach gemeinsamen Protesten von Krankenhäusern und Gewerkschaften wurde
ein Teil der geplanten Belastungen zurückgenommen – ist jetzt alles gut?
Bernd Sieber
halten und dabei versuchen, zumindest ausgegli-
chene Ergebnisse zu erwirtschaften.
Das Klinikum Esslingen steht noch einigermaßen
gesund da. Unsere Patientenzahlen sind in den ver-
gangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Zudem
haben wir unsere Hausaufgaben gemacht: Wir haben
Strukturen und Abläufe optimiert und gleichzeitig vor
allem in die medizinische Qualität investiert. Die Viel-
zahl der Zertifizierungen, die uns die Fachgesellschaf-
ten verleihen, zeigt dies ebenso wie unsere regel
mäßig hervorragende Platzierung als TOP TEN-
Krankenhaus in der Liste des Nachrichtenmagazin
Focus. Inzwischen aber sind in den Krankenhäusern
die wirtschaftlichen Reserven ausgereizt.
So stand der Entwurf für das Krankenhausstruktur-
gesetz heftig in der Kritik. Krankenhausgesellschaf-
ten und Gewerkschaften riefen zu Protestkundge-
bungen auf. Auch Mitarbeiter aus dem Klinikum
Esslingen beteiligten sich an Aktionen und der Kund-
gebung in Stuttgart.
Wie es scheint, hat der massive Protest Erfolg gehabt.
Die Bund-Länder-Kommission schnürte das Geset-
zespaket noch einmal auf und ersetzte den Versor-
gungszuschlag durch einen Pflegezuschlag in Höhe
von ebenfalls 500 Millionen Euro. Steigende Lohn-
kosten durch neue Tarifabschlüsse werden nun eben-
falls zum Teil durch die Kostenträger finanziert. Aber
eben nur teilweise. Die Schere zwischen Kosten und
Vergütung öffnet sich also weiter, nur etwas langsa-
mer. Weiterhin ungeklärt bleibt die Investitionsfinan-
zierung durch die Länder, die schon in den Vorjahren
unzureichend war.
Die jetzt am Entwurf des Krankenhausstrukturge-
setzes vorgenommenen Änderungen sind zweifellos
richtig und notwendig – insofern hat sich der mas-
sive Protest gelohnt. Der große Wurf, der für eine
solide, dauerhafte Krankenhausfinanzierung sorgen
könnte, ist das Gesetzt aber immer noch nicht. So
ist jetzt schon klar, dass die wirtschaftliche Situa-
tion der Krankenhäuser angespannt bleibt.