

8 Esslinger Gesundheitsmagazin
2 2015
Ein Regelkreis
steuert die
Hormonproduktion
Über das Blutgefäßsystem werden die Hormone, die
die Schilddrüse produziert, im ganzen Körper verteilt,
und im Blut lassen sich T3 und T4 ebenfalls nachwei-
sen. Ähnlich einem medizinischen Labor ist ein
Bereich unseres Gehirns, der Hypothalamus, in der
Lage, die Konzentration von T3 und T4 im Blut zu
messen. Je nachdem, welche Ansprüche gerade an
den Körper gestellt werden, bewertet der Hypotha-
lamus die aktuelle Hormonkonzentration. Wenn wir
uns also beispielsweise sportlich betätigen, benöti-
gen wir mehr Schilddrüsenhormon, um unseren Kör-
per auf Leistung zu bringen. Dann aktiviert der Hypo-
thalamus über den Botenstoff TRH einen anderen
Bereich des Gehirns, die Hirnanhangdrüse im Hypo-
physenvorderlappen. Die wiederum stimuliert die
Schilddrüse über das Hormon TSH, mehr Hormone
zu produzieren, die sich dann wieder in nun höherer
Konzentration im Blut finden. Kann die Schilddrüse
zum Beispiel wegen Jodmangel nicht genügend T3
und T4 produzieren, versucht der Regelkreis das aus-
zugleichen, indem er die Schilddrüse anregt zu wach-
sen. Damit werden mehr Zellen gebildet, die die Hor-
mone herstellen können.
„Eine Unterfunk-
tion können
wir oft behan-
deln, indem wir
das fehlende
Hormon in Form
eines Medika-
mentes geben.“
Hinzu komme, dass Frauen eher mit den Auswirkungen einer
Unterfunktion, wie Haarausfall, Gewichtszunahme oder Zyk-
lusstörungen, zum Arzt gehen. „Gelegentlich muss ich dann aber
auch einer adipösen Frau erklären, dass ihre Heißhungerattacken
nichts mit einer Schilddrüsenunterfunktion zu tun haben.“ Aber
auch bei unerfülltem Kinderwunsch kann die Schilddrüse eine
Rolle spielen, selbst wenn der Wert des wichtigen Hormons TSH
im Blut im Normbereich zwischen 0,5 und 4 mU/l liegt. „Frau-
enärzte überweisen dann mit der Bitte, ihre Patientin mit Hilfe
von Medikamenten auf den Idealwert von 1,5 mU/l einzustellen
und so die Chance einer Schwangerschaft zu erhöhen.“
Unterfunktion der Schilddrüse ist häufig
Dr. Greilich schätzt, dass 90 Prozent ihrer Schilddrüsenpatienten
unter einer Unterfunktion leiden. Die Schilddrüse reagiert dann
mit Wachstum oder es bilden sich Knoten. Wächst das Schild-
drüsengewebe eher nach hinten, kann es auf Luft- und Speise-
röhre drücken, was zu Atem- und Schluckbeschwerden führen
kann. Knoten lassen sich oft schon tasten. Genauer ist der
Befund dann im Ultraschall zu erkennen. „Eine Unterfunktion
können wir oft schon behandeln, indem wir das fehlende Hor-
mon in Form eines Medikamentes geben“, erläutert Dr. Greilich.
Begonnen wird dann mit einer geringen Hormondosis, die lang-
sam gesteigert wird. Dabei wird die Konzentration im Blut regel-
mäßig überprüft, bis es passt. Die meisten Betroffenen müssen
die Hormone ständig einnehmen. „Zweimal im Jahr kommen die
Patienten zur Kontrolle in die Praxis.“
Hat der niedergelassene Arzt im Ultraschall einen Knoten in der
Schilddrüse entdeckt, wird der Patient meist zur weiteren Abklä-
rung zu einer Szintigramm-Untersuchung geschickt. „Das Szin-
tigramm macht Stoffwechselvorgänge im Körper mit Hilfe von
gering radioaktiv markierten Substanzen sichtbar“, erläutert Dr.
Petra Zimmer, Leitende Oberärztin der Klinik für Diagnostische
und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin im Klinikum
Esslingen. „Für die Schilddrüse nutzen wir Technetium-99m-Per-
Hypothalamus
Hemmung oder
Stimulation (T3 + T4)
Stimulation
(TSH)
Hypophyse
Schilddrüse