

2 2015
Esslinger Gesundheitsmagazin 13
Ein Medikament gegen Influenza gibt es nicht
Erkältungskrankheiten dagegen steigern sich meist allmählich
und klingen innerhalb weniger Tage wieder ab. Das Fieber ist
niedriger, oft haben die Erkrankten Schnupfen, Husten oder
Halsschmerzen. Nach einigen Tagen der Abgeschlagenheit ist
die Erkältung überstanden. „Eine Grippe dagegen dauert mit
Erholungsphase bis zu drei Wochen“, so Dr. Zehnle.
Gehäuft gibt es Influenza-Fälle im Februar und März. „Wer sich
im Oktober bereits stark krank fühlt, hat mit ziemlicher Sicher-
heit keine Grippe. Dann muss der Arzt schauen, ob eine andere
Krankheit hinter den Symptomen steckt.“ Denn sowohl eine
Virusgrippe als auch ein bakterieller Infekt können hohes Fie
ber verursachen. Klarheit, ob Auslöser der Symptome ein Influ-
enza-Virus ist, kann dann ein Schnelltest oder eine Blutunter-
suchung ergeben, die der Hausarzt im Bedarfsfall durchführt.
Ein Medikament, mit dem die Grippeviren bekämpft werden
können, gibt es jedoch nicht. „Man kann nur die Symptome
behandeln“, erklärt Dr. Zehnle. Deshalb sei es auch ein Irrglaube,
dass Antibiotika in diesem Fall helfen könnten. Die wirkten aus-
schließlich gegen Bakterien und nicht gegen Viren. „Zudem ber-
gen sie die große Gefahr der Antibiotikaresistenzen.“ Deshalb
seien Antibiotika nur angebracht, wenn
zusätzlich zu Grippe oder Erkältung eine
schwere bakterielle Infektion wie eine Bron-
chitis, eine Nasennebenhöhlen- oder eine
Lungenentzündung hinzukomme. Weil Viren
das Immunsystem und die Schleimhäute
schwächen, können sich bakterielle Krank-
heitserreger leichter im Körper ansiedeln.
Die Esslinger Lungenfachärztin Dr. Silke Hell-
mich ergänzt: „Bei chronisch atemwegser-
krankten Patienten wie Asthmapatienten
oder Patienten mit chronisch obstruktiver
Lungenerkrankung führt die Entzündung der
Schleimhäute zu einer Verengung der Bronchien und erzeugt
damit Atemnot. Hier besteht im Gegensatz zu den Lungenge-
sunden sofortiger Handlungsbedarf.“ Deshalb könnten Antibio-
tika angezeigt sein. Auch Medikamente zur Erweiterung der
Bronchien seien sinnvoll. Sollte sich eine Lungenentzündung
entwickeln, sei bei jedem Patienten eine antibiotische Therapie
zu erwägen.
Auch Dr. Faehling betont, dass in den seltensten Fällen das Influ-
enza-Virus selbst lebensbedrohlich ist. „Das Virus ebnet den
Boden für bakterielle Erkrankungen. Die durch Bakterien her-
vorgerufene Lungenentzündung ist die häufigste Todesursache
im Zusammenhang mit einer Influenza.“
Auch Hausmittel helfen
Antivirale Medikamente, sogenannte Virenhemmer, verkürzen
nach Dr. Zehnles Erfahrung die Krankheit nur geringfügig. Sie
sollten allenfalls bei Patienten mit chronischen Erkrankungen,
Immunschwäche und bei Grippe-Komplikationen wie einer Lun-
genentzündung erwogen werden. Vielmehr rät Dr. Zehnle, sich
möglichst Bettruhe zu gönnen, um die Krankheit auszukurieren.
Das Fieber zu stark abzusenken, davon hält sie nichts. „Es stellt
eine Schutzreaktion dar und ermöglicht es dem Körper, seine
Abwehrkräfte besser zu entfalten. Das Fieber verbrennt quasi
die Viren.“
Viel warme Flüssigkeit – bis zu zwei Liter am Tag, am besten in
Form von Tee – abschwellende Nasentropfen, warme Brustwi-
ckel, Hustenlöser, Inhalationen mit Wasserdampf und auch
pflanzlich-homöopathische Mittel seien geeignet, die Symptome
zu behandeln. Über die individuell beste Behandlung sollten sich
die Patienten mit ihrem Arzt absprechen. Rauchern rät sie, auf
die Zigarette zu verzichten. Wichtig sei Schonung, möglichst
mit Bettruhe: „Wenn der Organismus Zeit bekommt, kann die
Erkrankung bald wieder abklingen.“
Oft könne man eine Grippe selbst auskurieren. „Wer sich schwer
krank fühlt, sollte allerdings zum Arzt gehen.“ Auch Dr. Hellmich
rät: „Chronisch kranke Patienten sollten bei Atemnot, hohem
Fieber und ausgeprägtem Krankheitsgefühl in jedem Fall ihren
Hausarzt aufsuchen.“
Ein Krankenhausaufenthalt ist nach Dr. Zehnles Erfahrung sel-
ten nötig. In die Klinik weist sie vor allem Patienten ein, deren
Allgemeinzustand deutlich geschwächt ist. Das sei öfter bei älte-
ren Menschen der Fall. „Ein Klinikaufenthalt ist bei einer Lun-
genentzündung angezeigt, wenn der Patient Zeichen für einen
schweren Verlauf wie stark erhöhte Atemfrequenz, Blutdruck-
abfall oder auch eine Bewusstseinstrübung zeigt“, ergänzt Dr.
Hellmich.
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„Das Fieber ermöglicht es dem
Körper, seine Abwehrkräfte
besser zu entfalten.“