

2 2015
Esslinger Gesundheitsmagazin 7
Wie ein Schmetterling sieht die Schilddrüse aus, der sich mit
seinen beiden Flügeln unterhalb des Kehlkopfes und vor der Luft-
röhre um unseren Hals schmiegt. Beim Erwachsenen wiegt die
Schilddrüse 20 bis 30 Gramm. Sie sorgt dafür, dass in unserem
Körper alles rund läuft. Dabei wird die Arbeit der Schilddrüse
über einen klassischen Regelkreis von unserem Gehirn über-
wacht und gesteuert. Damit das alles funktioniert, benötigt die
Schilddrüse als einziges Organ in unserem Körper Jod.
Jod nehmen wir normalerweise über die Nahrung auf. Die Schild-
drüse lagert das Jod in ihren Zellen ein und produziert damit
zwei sehr wichtige Hormone: Trijodthyronin, kurz T3 genannt,
und Thyroxin, genannt T4. Daneben produziert die Schilddrüse
noch das Hormon Calcitonin, das den Knochenstoffwechsel
beeinflusst. Wichtig sind aber vor allem die beiden Hormone T3
und T4, die viele Prozesse in unserem Körper beeinflussen. In der
Schwangerschaft beispielsweise sind sie verantwortlich für die
Entwicklung des Gehirns und das Knochenwachstum des Unge-
borenen. Außerdem regulieren sie Herzschlag und Blutdruck,
sorgen für eine Erweiterung der Gefäße, wirken auf den Zucker-
und Fettstoffwechsel. Die Aktivität unserer Schweiß- und Talg-
drüsen sowie unseres Darms werden ebenso von den Schilddrü-
senhormonen gesteuert. Der gesamte Energieverbrauch und
damit der Grundumsatz unseres Körpers werden durch die bei-
den Hormone T3 und T4 entscheidend beeinflusst.
Etwa 180 bis 200 Mikrogramm Jod benötigt der Körper pro Tag,
damit die Hormonproduktion in der Schilddrüse funktioniert. In
Schwangerschaft und Stillzeit ist der Tagesbedarf erhöht. Jod-
mangel führt zu einer Unterfunktion der Schilddrüse. Sie kann
nicht genügend T3- und T4-Hormone produzieren. Die Schild-
drüse wächst, um mehr Hormon-erzeugende Zellen zu bilden.
Es entsteht im Extremfall der bekannte Kropf, unter dem in frü-
heren Jahren vor allem viele Menschen in Süddeutschland litten,
weil das Wasser hier sehr jodarm ist. Heute decken die meisten
Menschen ihren Jodbedarf problemlos über jodiertes Speisesalz,
das beim Kochen verwendet wird. Auch Seefisch enthält bei-
spielsweise viel Jod. „Ich sehe in meiner Praxis kaum noch Pati-
enten mit einer zum deutlich sichtbaren Kropf vergrößerten
Schilddrüse“, berichtet Dr. Jasmin Greilich, niedergelassene
Internistin in Esslingen. Dennoch sind Schilddrüsenerkrankun-
gen nach wie vor sehr häufig. „Man muss sehr wachsam sein,
weil sich die Schilddrüse selten lehrbuchmäßig verhält.“ Wie ein
„Chamäleon“ können sich Schilddrüsenerkrankungen mit sehr
unterschiedlichen Symptomen äußern. „Oft sind Erkrankungen
der Schilddrüse Zufallsbefunde.“ Vor allem bei Frauen gehören
für Dr. Greilich deshalb die Tastuntersuchung der Schilddrüse
und die Überprüfung der Hormonkonzentration im Blut zu einer
Erstuntersuchung dazu. „Weil Schilddrüsenerkrankungen vor
allem über die weibliche Linie vererbt werden, sind deutlich mehr
Frauen betroffen als Männer“, erklärt die Internistin.
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Mit dem Szintigramm lassen sich Überfunktionen
und Knoten in der Schilddrüse gut darstellen