2 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 41
Adipositassprechstunde der Klinik
für Allgemein-und Viszeralchir-
urgie am Klinikum Esslingen
Montag 13.30 Uhr, Anmeldung
unter Telefon 0711 3103-2601
Adipositas-Selbsthilfe Esslingen
Monatliche Treffen im großen
Konferenz­raum im Casino des Kli-
nikums Esslingen; die nächsten
Termine: 6.11. und 4.12.2013,
jeweils 19 Uhr; Ansprechpartne-
rin: Roswitha Holecek, Telefon
07022 977342 oder 0177 8445654
Er vermittelt seine stark übergewichtigen
Patienten deshalb weiter an Professor
Staib im Klinikum Esslingen. Der Viszeral­
chirurg hat an seiner Klinik vor einigen
Jahren die Adipositaschirurgie eingeführt.
Mit verschiedenen operativen Methoden
(siehe Kasten) wird dabei das Fassungs­
vermögen des Magens reduziert oder die
Nahrungsverwertung eingeschränkt. „Die
Folge ist, dass die Nahrungsaufnahme
stark eingeschränkt wird“, erklärt der
Chefarzt, „nach wenigen Bissen ist der
Magen voll, alles was danach noch geges­
sen wird, verursacht sehr unangenehme
Völlegefühle.“ Der Erfolg ist groß: Je nach
Methode kann das Gewicht um bis zu 40
Prozent reduziert werden.
Schnelle Besserung der
Begleiterkrankungen
Die Adipositaschirurgie hat aber noch
einen Effekt: „Aktuelle Studien haben
gezeigt, dass auch die Begleiterkrankun­
gen der Adipositas nach einem operativen
Eingriff zurückgedrängt werden oder
ganz verschwinden“, betont Professor
Staib. Der erhöhte Cholesterinspiegel
etwa verschwand bei einer schwedischen
Langzeitstudie bei mehr als drei Viertel
der Patienten, der Bluthochdruck bei 62
Prozent, die Schlafapnoe sogar bei 86
Prozent. Und bei 78 Prozent wurde eine
Remission des Typ-2-Diabetes erreicht.
Erkennbar sind diese Effekte oft schon
wenige Tage nach der Operation, noch
lange bevor es zu einer Gewichtsabnahme
kommt. „Die mit der Operation verbun­
dene und sofort wirksame Ernährungs­
umstellung zeigt bei den Begleiterkran­
kungen, und hier vor allem beim
Blutzuckerspiegel, eine schnelle Wirkung“,
sagt Klinikleiter Staib.
Er operiert mit seinem Team übergewich­
tige Patienten in der Regel ab einem BMI
von 35 kg/m
2
. Bestehen bereits massive
Begleiterkrankungen, wird in Esslingen
aber auch bei einem geringeren BMI ein­
gegriffen. „Das wird individuell entschie­
den, ein schwerer Diabetes reicht aber
sicherlich aus, um eine operative Versor­
gung zügig anzugehen“, so Professor
Staib. Allerdings geht er streng leitlinien­
gerecht vor – und diese Leitlinie knüpft
an die Operation einige Bedingungen. So
muss der Patient nachweisen, dass er sich
im Vorfeld über mindestens sechs Monate
ernsthaft bemüht hat, mit professioneller
Hilfe Gewicht zu verlieren – etwa durch
die Teilnahme an einer Ernährungsbera­
tung, einer Psychotherapie und einem
Bewegungsprogramm. „Das gilt uneinge­
schränkt auch bei einer morbiden Adipo­
77%
Diabetes
62%
Hypertonie
86%
Schlafapnoe
71%
Hoher Cholesterin­spiegel
Rückbildung und/oder Besserung typischer Begleiterkrankungen
nach einem bariatrischen Eingriff
Quelle: Buchwald et al. JAMA 2004 Okt; 292(14):1728
sitas mit schwerwiegenden Begleiter­
krankungen“, betont Professor Staib.
Großer und risikoreicher
Eingriff
Es macht durchaus Sinn, von den Patien­
ten ein solches Vor-OP-Programm zu ver­
langen, denn ein bariatrischer Eingriff ist
keine Sache, die mal kurz zwischen Mit­
tagspause und Nachmittagskaffee erle­
digt wird. „Es ist ein großer und auch risi­
koreicher Eingriff, der gut überlegt und
vorbereitet sein muss“, sagt Professor
Staib. Auch Dr. Eiche hält es für notwen­
dig, den Patienten vor einer möglichen
Operation umfassend auf die bevorste­
henden, tiefgreifenden Veränderungen in
seiner Lebensweise und seinen Ernäh­
rungsgewohnheiten vorzubereiten, um
seine Motivation auf die Probe zu stellen.
„Nicht wenige verfallen nach dem Eingriff
in Depressionen, weil sie sich nicht mehr
wie gewohnt ernähren können. Die Teil­
nahme an dem präoperativen Programm
zeigt, wie ernst es dem Patienten wirklich
ist, an seiner Situation etwas zu ändern.“
Auch diene es der Risikoabschätzung in
Bezug auf die Operation und die psychi­
sche Stabilität danach. Und: Erst danach
wird die Krankenkasse eine Kostenüber­
nahmeerklärung abgeben. Auch nach der
Operation sei, so Dr. Eiche weiter, die Mit­
arbeit der Patienten wichtig. „Nach einem
bariatrischen Eingriff ist eine dauerhafte
und konsequente Änderung des Ernäh­
rungs- und Bewegungsverhaltens nötig,
außerdemmuss der Patient bereit sein, an
einem lebenslangen Nachsorgeprogramm
teilzunehmen.“ Dem allemmuss der Pati­
ent vor dem Eingriff zustimmen.
Es ist also viel Aufwand, bis übergewich­
tige Patienten ihre morbide Adipositas
loswerden. Um alles in die richtigen Bah­
nen zu lenken, hat Professor Staib am Kli­
nikum Esslingen ein multidisziplinäres
Team zur Behandlung adipöser Patienten
aufgebaut. Es umfasst die verschiedenen
klinischen Disziplinen, schließt aber auch
externe Experten wie Hausärzte, den
Sozialen Dienst der Krankenkassen und
die Selbsthilfe ein. Und er hat mit anderen
Häusern das Adipositasnetz Stuttgart-
Esslingen-Tübingen (ANSET) gegründet.
„Die Adipositaschirurgie funktioniert“,
sagt der Chefarzt, „und deshalb tun wir
alles, um den Betroffenen in bester Weise
zu helfen.“
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